Altes Erbstück wird zum peppigen Trendteil

Foto: Gotthardt

Bremerhaven

Altes Erbstück wird zum peppigen Trendteil

Von Yvonne Gotthardt
18. November 2017 // 19:30

Ein betagter Stilmöbel-Sessel, dessen baugleiche Geschwister wahrscheinlich schon zu Tausenden in dem Schlund eines Müllwagens gelandet sind, hat gleich mehrere Aufgaben: Seiner Besitzerin Kirsten Kamjunke als Sitzgelegenheit zu dienen und ein Beispiel dafür zu sein, dass alte Möbel absolute Trendteile werden können – dem Handwerk sei Dank.

Sessel gehört zur Familie

Wenn Kirsten Kamjunke auf ihren neuen Lieblingssessel schaut, dann kann sie kaum glauben, dass das peppige Polstermöbel mit den schicken, nun graufarbenen Holzelementen, nicht gerade aus dem Möbelhaus kommt. Es gehört schon seit den 1960er Jahren quasi zur Familie. „Er ist ein Erbstück von meiner Mutter“, berichtet die Spadenerin von der Geschichte des Sessels mit Fußbank, den ihre Mutter so sehr schätzte. „Er hat mich durch meine Kindheit begleitet“, sagt Kamjunke.

Aktion: "Wir möbeln Ihre Couch auf"

Ein Foto zeigt den Sessel im Originalzustand mit dem Schick längst vergangener Jahrzehnte: braunes Holz mit heute altbacken anmutenden hellen Polstern. „Er hat ein paar Jahre herumgestanden, ohne seinen Einsatzort zu finden“, sagt die Sesselbesitzerin. Dann sei sie auf die Aktion „Wir möbeln Ihre Couch auf“ der Bremer Handwerkskammer gestoßen. Hier konnten sich  Interessierte für das kostenlose Polstern eines Sitzmöbels bewerben.

Generalüberholung vom Raumausstatter

„Ich habe schon einmal eine Kommode aufarbeiten lassen“, sagt Kamjunke, die die Idee des Werterhalts alter Möbel schätzt. Sie bewarb sich mit dem alten Sessel – erfolgreich. Das altmodische Sitzmöbel bekam eine Generalüberholung von Raumausstatter Matthias Schröter und seinem Team. „Es geht darum, dass Bewusstsein dafür zu wecken, dass alte Möbel erhalten werden können“, sagt Schröter, der die Idee zur Kampagne gemeinsam mit der Handwerkskammer Bremen entwickelte. Seine Mitarbeiter zerlegten den Sessel in seine Einzelteile, um ihn völlig neu aufzuarbeiten. Er dokumentierte den Fortschritt mit einer Kamera, machte Tausende Fotos, die er für ein Video verwendete.

Historische Techniken wieder gefragt

Diplom-Biologin Tuku Roy-Niemeier von der Arbeits-, Gesundheits- und Umweltschutzberatung der Handwerkskammer Bremen beobachtet, dass sich etwas ändert: „Historische Techniken sind in einzelnen Bereichen wieder gefragt“, berichtet sie davon, dass altes Handwerk in Zeiten von Wegwerfprodukten eine Renaissance erlebt.  

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