
Fast jeder dritte Fernverkehrsreisende bei der Bahn hat 2022 sein Ziel mit mindestens 15 Minuten Verspätung erreicht.
Foto: Christoph Soeder
Nicht nur ein Gefühl: Pünktlichkeit der Bahn bricht drastisch ein
Aus Sicht der Fahrgäste dürfte nichts so entscheidend für ein gutes Bahn-Erlebnis sein wie die pünktliche Ankunft am Ziel. Doch genau daran hapert es oft. Ein Grund sticht dabei heraus.
Knapp ein Drittel der Fahrgäste erreichen Ziel mit mehr als 15 Minuten Verspätung
Fast jeder dritte Fernverkehrsreisende bei der Bahn hat 2022 sein Ziel mit mindestens 15 Minuten Verspätung erreicht. Lediglich 70,6 Prozent der Fahrgäste kamen mit weniger Verspätung an ihrem Zielort an.
Das geht aus einer Antwort des Bundesverkehrsministeriums an ein Abgeordnetenbüro hervor, die der Deutschen Presse-Agentur am Freitag in Berlin vorlag.
Die sogenannte Reisendenpünktlichkeit hat sich demnach von 2021 zu 2022 um zehn Prozentpunkte verschlechtert. 2017 kamen noch gut 86 Prozent der Fahrgäste mit weniger als 15 Minuten Verspätung an ihrem Ziel an.
„Reisendenpünktlichkeit“ spiegelt das Reisegefühl wider
Zwar veröffentlicht die Bahn monatlich, wie viele Halte mit weniger als sechs Minuten Verspätung erreicht wurden - das waren im August 63,4 Prozent im Fernverkehr. Daraus lässt sich aber nicht schließen, wie oft Anschlüsse verpasst wurden oder Züge komplett ausgefallen sind.
Die Reisendenpünktlichkeit kommt daher dem tatsächlichen Reisegefühl der Fahrgäste näher, weil auch ein verpasster Anschluss die Statistik beeinflusst. Sie wird ebenfalls von der Bahn erfasst, aber nicht regelmäßig veröffentlicht.
Überlastete Infrastruktur bei Pünktlichkeitsproblemen im Fokus
Die Bahn steht seit Monaten wegen der schlechten Pünktlichkeitswerte in der Kritik. 2022 stürzten die Werte ab, unter anderem weil viele Baustellen den Verkehr beeinträchtigten.
Die Bahn-Infrastruktur gilt als marode und wurde in den vergangenen Jahren kaum erneuert, gleichzeitig stieg aber der Bedarf an Zugverkehr. Auf dem bestehenden Netz gibt es kaum Kapazitäten für weitere Züge.
Marode Infrastruktur
Das zeigt sich auch in den Ursachen für die Verspätungen. Laut der Ministeriumsantwort lassen sich 60,9 Prozent der „Verspätungsereignisse“ zwischen Januar und Juli 2023 auf „belastungsbedingte Verspätungen“ zurückführen - im Vergleich zu 46,4 Prozent im Jahr 2015.
Zu dieser Art der Verspätungen gehören insbesondere Zugfolgekonflikte. Weil die Bahn in den 1990er Jahren viele Schienen und Weichen abgebaut hat, können sich die Züge an vielen Stellen im Netz nicht überholen. (dpa)