Ein Mann geht auf die Toilette. Nächtlicher Harndrang raubt Millionen Menschen den Schlaf – oft stecken Herz, Hormone oder Stress dahinter.

Nächtlicher Harndrang raubt Millionen Menschen den Schlaf – oft stecken Herz, Hormone oder Stress dahinter.

Foto: Gabbert/dpa

Gesundheit

Nächtlicher Harndrang? Diese unterschätzten Gründe sollte jeder kennen

11. Juni 2025 // 08:00

Immer wieder raus aus dem Bett und rauf aufs Klo? Was viele für harmlos halten, kann ein ernstzunehmendes Warnsignal des Körpers sein. Welche Ursachen hinter nächtlichem Harndrang stecken – und was du tun kannst, um endlich wieder durchzuschlafen.

Raus aus dem Bett, rauf aufs Klo: Eine nächtliche Routine, die viele kennen. Bei manchen bleibt es nicht bei einem Gang – es werden zwei, drei oder mehr.

Der Leidensdruck ist oft groß, denn die Blase raubt erholsamen Schlaf. Der Fachbegriff: Nykturie – nächtlicher Harndrang. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Warum müssen manche mehrmals nachts zur Toilette?

Nicht immer ist die Blase der Auslöser. „Oft ist der Schlaf gestört – und man geht aus Gewohnheit zur Toilette“, erklärt Urologin Prof. Daniela Schultz-Lampel.

Häufig steckt aber tatsächlicher Harndrang dahinter – mit vielfältigen Ursachen:

  • Herzerkrankungen: Bei Herzschwäche sammelt sich tagsüber Wasser in den Beinen. Im Liegen wird es ins Blut zurückgeführt, von den Nieren gefiltert – der Urin drängt nachts.
  • Medikamente: Vor allem entwässernde Mittel (Diuretika) oder bestimmte Blutdrucksenker (ACE-Hemmer, AT1-Blocker) können nächtlichen Harndrang verursachen.
  • Organdruck: Eine vergrößerte Prostata bei Männern oder eine Beckenbodensenkung bei Frauen kann die Blase reizen.
  • Psychische Ursachen: Stress, Angst oder unverarbeitete Erlebnisse können eine überaktive Blase fördern.
  • Polyurie: Eine übermäßige Urinproduktion – etwa durch schlecht eingestellten Diabetes – kann Ursache sein.

Haben Verhaltensweisen Einfluss?

Ja – etwa ein ungünstiges Trinkverhalten. „Wer tagsüber wenig, aber abends zwei Liter trinkt, muss nachts öfter raus“, so Schultz-Lampel.

Tipp: Ein Miktionstagebuch hilft, das Trink- und Toilettenverhalten zu dokumentieren. Urologe Guan empfiehlt: Zwei bis drei Stunden vor dem Schlafengehen möglichst wenig trinken.

Wann sollte man ärztlich abklären?

Bis zu zweimal nächtlicher Toilettengang gilt als normal. Wer häufiger muss, sollte ärztlichen Rat einholen – erste Anlaufstelle: die Hausarztpraxis. Ein Miktionstagebuch ist dabei hilfreich.

Was kann man selbst tun?

  • Trinkmenge tagsüber gut verteilen
  • Abends meiden: harntreibende Getränke wie Pfefferminz-, Brennnesseltee, Cola oder Bier
  • Medikamente umstellen: Entwässernde Mittel evtl. früher am Tag einnehmen (nur in Absprache mit dem Arzt)
  • Beckenbodentraining: Hilft Frauen mit überaktiver Blase, die Intervalle zwischen Toilettengängen zu verlängern

Welche Behandlungen gibt es?

  • Medikamente: Bei überaktiver Blase oder vergrößerter Prostata
  • Botox: Injektion in die Blasenwand entspannt die Muskulatur (Wirkung für mehrere Monate)
  • Desmopressin: Reduziert nächtliche Urinproduktion – nur unter ärztlicher Kontrolle, nicht für alte oder herzkranke Menschen geeignet

Einhalten und weiterschlafen?

Lieber nicht. „Das schadet dem Blasenmuskel – er verliert an Dehnbarkeit“, warnt Guan. Die Folge: Die Blase kann sich nicht mehr vollständig entleeren – das kann schmerzhaft werden. (dpa/axt)