
Nächtlicher Harndrang raubt Millionen Menschen den Schlaf – oft stecken Herz, Hormone oder Stress dahinter.
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Nächtlicher Harndrang? Diese unterschätzten Gründe sollte jeder kennen
Immer wieder raus aus dem Bett und rauf aufs Klo? Was viele für harmlos halten, kann ein ernstzunehmendes Warnsignal des Körpers sein. Welche Ursachen hinter nächtlichem Harndrang stecken – und was du tun kannst, um endlich wieder durchzuschlafen.
Raus aus dem Bett, rauf aufs Klo: Eine nächtliche Routine, die viele kennen. Bei manchen bleibt es nicht bei einem Gang – es werden zwei, drei oder mehr.
Der Leidensdruck ist oft groß, denn die Blase raubt erholsamen Schlaf. Der Fachbegriff: Nykturie – nächtlicher Harndrang. Die wichtigsten Fragen und Antworten.
Warum müssen manche mehrmals nachts zur Toilette?
Nicht immer ist die Blase der Auslöser. „Oft ist der Schlaf gestört – und man geht aus Gewohnheit zur Toilette“, erklärt Urologin Prof. Daniela Schultz-Lampel.
Häufig steckt aber tatsächlicher Harndrang dahinter – mit vielfältigen Ursachen:
- Herzerkrankungen: Bei Herzschwäche sammelt sich tagsüber Wasser in den Beinen. Im Liegen wird es ins Blut zurückgeführt, von den Nieren gefiltert – der Urin drängt nachts.
- Medikamente: Vor allem entwässernde Mittel (Diuretika) oder bestimmte Blutdrucksenker (ACE-Hemmer, AT1-Blocker) können nächtlichen Harndrang verursachen.
- Organdruck: Eine vergrößerte Prostata bei Männern oder eine Beckenbodensenkung bei Frauen kann die Blase reizen.
- Psychische Ursachen: Stress, Angst oder unverarbeitete Erlebnisse können eine überaktive Blase fördern.
- Polyurie: Eine übermäßige Urinproduktion – etwa durch schlecht eingestellten Diabetes – kann Ursache sein.
Haben Verhaltensweisen Einfluss?
Ja – etwa ein ungünstiges Trinkverhalten. „Wer tagsüber wenig, aber abends zwei Liter trinkt, muss nachts öfter raus“, so Schultz-Lampel.
Tipp: Ein Miktionstagebuch hilft, das Trink- und Toilettenverhalten zu dokumentieren. Urologe Guan empfiehlt: Zwei bis drei Stunden vor dem Schlafengehen möglichst wenig trinken.
Wann sollte man ärztlich abklären?
Bis zu zweimal nächtlicher Toilettengang gilt als normal. Wer häufiger muss, sollte ärztlichen Rat einholen – erste Anlaufstelle: die Hausarztpraxis. Ein Miktionstagebuch ist dabei hilfreich.
Was kann man selbst tun?
- Trinkmenge tagsüber gut verteilen
- Abends meiden: harntreibende Getränke wie Pfefferminz-, Brennnesseltee, Cola oder Bier
- Medikamente umstellen: Entwässernde Mittel evtl. früher am Tag einnehmen (nur in Absprache mit dem Arzt)
- Beckenbodentraining: Hilft Frauen mit überaktiver Blase, die Intervalle zwischen Toilettengängen zu verlängern
Welche Behandlungen gibt es?
- Medikamente: Bei überaktiver Blase oder vergrößerter Prostata
- Botox: Injektion in die Blasenwand entspannt die Muskulatur (Wirkung für mehrere Monate)
- Desmopressin: Reduziert nächtliche Urinproduktion – nur unter ärztlicher Kontrolle, nicht für alte oder herzkranke Menschen geeignet
Einhalten und weiterschlafen?
Lieber nicht. „Das schadet dem Blasenmuskel – er verliert an Dehnbarkeit“, warnt Guan. Die Folge: Die Blase kann sich nicht mehr vollständig entleeren – das kann schmerzhaft werden. (dpa/axt)