Der Poet unter den Regisseuren
Ein alternder Filmcowboy hat die Nase voll von den Dreharbeiten, verschenkt sein Pferd und besucht zum ersten Mal nach 30 Jahren seine Mutter in einem verschlafenen Nest in Nevada: Mit dem bildgewaltigen Neo-Western „Don‘t Come Knocking“ von 2005 startet der Kultursender Arte am Montag. 11. August, seine Filmreihe zu Ehren von Wim Wenders. Der gebürtige Düsseldorfer, der am 14. August seinen 80. Geburtstag feiert, zählt seit vielen Jahren zu den einflussreichsten Filmemachern Europas und gilt als Poet unter den Regisseuren.
Imposante Naturkulissen zeichnen oft die Filme von Wim Wenders aus
US-Star Sam Shepard spielt in „Don’t Come Knocking“ den coolen Filmcowboy Howard, der nach Montana weiterreist und im Lauf der Handlung immer kleinlauter wird. Jessica Lange ist als Kellnerin Doreen zu sehen, mit der Howard vor Jahren ein kurzes Verhältnis hatte und die vermutlich die Mutter seines Sohnes ist. Wie so oft in Wenders‘ Filmen agieren die Figuren auch hier vor einer imposanten Naturkulisse, die ihre Verlorenheit unterstreicht – ein guter Auftakt für die schöne Filmreihe.
Am 17. August zeigt Arte um 22.55 Uhr den Dokumentarfilm „Pina“, mit dem Wim Wenders der bedeutenden Choreografin Pina Bausch und ihrer Wuppertaler Tanztruppe ein Denkmal setzte, am 18. August ist um 20.15 Uhr das Roadmovie „Paris, Texas“ mit Nastassja Kinski und Harry Dean Stanton zu sehen – viele Kritiker halten das in den USA gedrehte Roadmovie, das 1984 in die Kinos kam, für den besten Film von Wim Wenders. Gleich im Anschluss zeigt Arte um 22.35 Uhr die Dokumentation „Wim Wenders: Der ewig Suchende“, die sich mit Leben und Werk des Regisseurs eingehend beschäftigt und in der sich der Filmemacher zu seinem Werk äußert.
Wenders lernte sein Handwerk an der Hochschule für Fernsehen und Film
Der 1945 in Düsseldorf als Sohn eines Chirurgen geborene Wilhelm Ernst Wenders wollte ursprünglich Maler werden, ging Mitte der 1960er-Jahre nach Paris und verliebte sich dort in die Welt des Kinos. Zurück in Deutschland nahm er an der gerade gegründeten Hochschule für Fernsehen und Film in München ein Studium auf und wurde Regisseur.
Mit Filmen wie „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“, „Alice in den Städten“ und vor allem „Der amerikanische Freund“ mit Bruno Ganz und Dennis Hopper machte sich Wim Wenders in den siebziger Jahren als Autorenfilmer in Deutschland einen Namen, schon bald wurde auch Hollywood auf ihn aufmerksam.
Doch sein erster Arbeitsausflug nach Amerika, wo er den Film „Hammett“ drehte, wurde zum Reinfall. Der Regisseur aus Deutschland musste die Erfahrung machen, dass er mit dem übergriffigen amerikanischen Studiosystem überhaupt nicht zurechtkam. US-Produzent und Regisseur Francis Ford Coppola mischte sich in alle Aspekte von Wenders‘ Arbeit ein, zwang ihn zu mehreren zeitaufwendigen Nachbesserungen, und der Filmemacher aus Deutschland musste sich eingestehen, dass er unter den Bedingungen des amerikanischen Studiosystems nicht funktionierte.
„Paris, Texas“ und „Der Himmel über Berlin“ wurden Publikumserfolge
Als Wim Wenders für die Dreharbeiten von „Paris, Texas“ schon kurze Zeit später in die USA zurückkehrte, arbeitete er wieder zu seinen eigenen Bedingungen. Mit dem poetischen Fantasy-Drama „Der Himmel über Berlin“ mit Bruno Ganz als Engel, der ein Mensch werden will, festigte Wim Wenders seinen Ruf als einer der wichtigsten europäischen Regisseure und wahrer Filmpoet. Der Klassiker von 1987 ist im Rahmen der Filmreihe zum 80. Geburtstag von Wim Wenders online auf arte.tv zu sehen, außerdem stehen dort weitere Spielfilme und Dokumentationen bereit.
Im linearen Fernsehen endet die Reihe zum 80. Geburtstag von Wim Wenders am 20. August um 21.55 Uhr mit dem Dokumentarfilm „Anselm – Das Rauschen der Zeit“ (2023) über den zeitgenössischen Maler und Bildhauer Anselm Kiefer.
Filmreihe Wim Wenders – „Don’t Come Knocking“ (Montag, 11. August, 21.50 Uhr, Arte) (mw/dly)