Monster und ein eiskalter Engel
„Wednesday“ (ab 6.8., Netflix) – Sie trägt ausschließlich Schwarz, hat eine sadistische Ader und verspürt beim Anblick von Regenbogen einen spontanen Brechreiz – die sarkastische und finstere Wednesday Addams (Jenna Ortega) hat mit ihrem Gothic-Look die zuckersüße Emily in Paris als Netflix-Ikone vom Thron gestoßen. Die einsilbige Tochter der berühmten Addams-Family ist die Titelheldin der 2022 gestarteten Comedy-Gruselsaga, die Elemente von Internatsserie, Dark Romance und Monsterhorror mischt und damit weltweit zum Hit wurde. Im Finale der ersten Staffel, die mit einem bombastischen Kampf gegen einen grauenvollen Unhold endete, verließ Wednesday mit ihrem besten Freund, dem legendären eiskalten Händchen, die düstere Nevermore-Academy, in der zweiten Staffel kehrt sie in das Schauerschloss zurück. Die neuen Episoden werden unheimlicher, es gibt weniger Romantik, dafür mehr Action und interessante Gaststars – allen voran Lady Gaga und Steve Buscemi. Eine dritte Staffel der Erfolgsserie wurde bereits bestätigt, und angeblich ist sogar ein Spin-off um den schrulligen Onkel Fester geplant.

© Netflix
Die sarkastische und finstere Wednesday Addams, gespielt von Jenna Ortega.
„Outlander: Blood of my Blood“ (ab 9.8., Magenta TV) – Eine englische Krankenschwester wird zurück ins Jahr 1743 katapultiert, erlebt in der Vergangenheit aufreibende Abenteuer vor dem Hintergrund historischer Ereignisse und verliebt sich in einen Freiheitskämpfer im Kilt: Die hochromantische Kostüm-Saga „Outlander“ war ebenso schwülstig wie populär, vor Kurzem endete sie nach der achten Staffel. Jetzt dreht sich das Rad der Zeit aufs Neue: Der Serienableger „Blood of my Blood“ erzählt in zehn Episoden die familiäre Vorgeschichte von Jamie und Claire, den Helden des Originals: Jamies Eltern leben im Schottland des 18. Jahrhunderts, ihre leidenschaftliche Liebe leidet darunter, dass sie rivalisierenden Clans angehören. Claires Vater und Mutter hingegen leben während des Ersten Weltkriegs – die Logik von Zeitreise-Serien macht‘s möglich, und so erzählt die auf zwei Jahrhunderte verteilte Handlung quasi zwei Historien-Sagas in einer. Es wird viel gelitten und geliebt, und Fans opulenter Ausstattung werden es mutmaßlich mögen.
„Alien: Earth“ (ab 13.8., Disney+) – Horror im Weltall: Wer 1979 im Kino den ersten „Alien“-Film sah, wird den Schock wohl nicht vergessen – dieser düstere, klaustrophobische Grusel, die erbarmungslos anschwellende Spannung und vor allem das grauenvolle Monster mit dem giftigen Sabber waren damals nervenzerfetzend und ungewohnt. Einige Alien-Filme später rankt sich jetzt zum ersten Mal eine Fernsehserie um das unheimliche Wesen aus einer anderen Welt – es ist ein Prequel, die Handlung spielt also vor der bekannten Kino-Saga: Ein mysteriöses Raumschiff stürzt auf der Erde ab, an Bord hatte es fünf üble Monster „aus den finstersten Ecken des Universums“, wie es in der Serie martialisch heißt – und ehe auf dem bedrohten blauen Planeten noch irgendjemand sagen kann „Stop! Oder meine Mami schießt“, machen die Bestien Jagd auf die Menschheit. Eine synthetische und theoretisch unverwundbare junge Frau soll mit einer Gruppe von Soldaten die Wesen unschädlich machen und die Erde retten – aber wie jeder „Alien“-Kenner weiß, stehen dabei stets skrupellose Profiteure im Weg, die ihr eigenes Süppchen kochen.
„The Twisted Tale of Amanda Knox“ (ab 20.8., Disney+) – Sie war „Der Engel mit den Eisaugen“ – und wie sich am Ende herausstellte wohl unschuldig: Die US-Amerikanerin Amanda Knox kam 2007 in Italien, wo sie Sprachwissenschaften studierte, ins Gefängnis und wurde später zu einer langjährigen Haftstrafe verurteilt. Der Vorwurf: Sie sollte gemeinsam mit einem Freund ihre Mitbewohnerin Meredith Kercher in einem Ritual aus Sex, Drogen und Alkohol ermordet haben – der Mordprozess erregte damals weltweite Aufmerksamkeit, verkam phasenweise fast zur Realityshow. Erst nach mehreren Jahren erwies sich die Unschuld von Amanda Knox, sie wurde freigesprochen und aus der Haft entlassen. Nicht als True-Crime-Doku, sondern in dramatisierter Form als Miniserie wird die Geschichte von Amanda Knox nun bei Disney+ erzählt, im Mittelpunkt steht der juristische Kampf der amerikanischen Studentin, die in der Öffentlichkeit regelrecht dämonisiert wurde, um ihre Freiheit. Die Hauptfigur wird von Grace van Patten gespielt, die zuletzt in „Nine Perfect Strangers“ zu sehen war. Amanda Knox lebt heute wieder in den USA und arbeitet dort als Journalistin.
„Chabos“ (ab 22.8., ZDF-Mediathek) – Deutschland im Jahr 2006. Das Internet ist damals noch Neuland und Achtsamkeit das reinste Fremdwort. Zumindest für die ruppige Schulhof-Clique um den 16-jährigen Peppi, der in Duisburg aufwächst und nicht nur mit MTV, Facebook und reichlich Haargel groß wird, sondern auch mit Männlichkeits-Codes aus Gewalt, Coolness und Machogehabe. 2015 ist Peppi (Johannes Kienast) erwachsen und bemüht sich mehr schlecht als recht, ein verständnisvoller, sensibler Mann zu sein. Als er nicht zum Klassentreffen eingeladen wird, besucht er die Stätten seiner Jugend und merkt, wieviel Mist er damals gebaut hat. Frei nach dem Bushido-Song „Zeiten ändern dich“ erzählen die acht Folgen von „Chabos“ (das Slang-Wort kann ebenso Kumpel wie Idiot bedeuten) eine Coming-of-Age-Geschichte in einem rasanten Tempo, das, zumindest für ZDF-Verhältnisse, ungewöhnlich ist. Anke Engelke spielt Peppis Mutter, Stars der 00er-Jahre wie Mola Adebisi oder Sabrina Setlur haben Gastauftritte.

© Nikolaus Schreiber
Martina Pfeffer (Anke Engelke) lauscht den Unterhaltungen ihrer Kinder und Enkel.
„Die Küblböck-Story“ (ab 26.8., ARD-Mediathek) – Die meisten Deutschen werden sich, wenn der Name Daniel Küblböck fällt, spontan vornehmlich an drei Dinge erinnern: den steilen Aufstieg des jugendlichen Sängers in Dieter Bohlens Castingshow „Deutschland sucht den Superstar“, seinen Kampf mit den Kakerlaken im RTL-„Dschungelcamp“ – und sein tragisches Ende: 2018 soll der Künstler vor der Küste Neufundlands von einem Kreuzfahrtschiff in den Tod gesprungen sein. Was viele nicht wissen: In den letzten Tages seines Lebens hatte Küblböck sein Coming-out als Trans-Frau und nannte sich Lana Kaiser. Im August würde Daniel/Lana 40 Jahre alt werden, aus diesem Anlass zeichnet eine Dokuserie das Psychogramm der queeren Ikone aus Niederbayern, die damals gefeiert, belächelt und angefeindet wurde. Der Dreiteiler ist aber auch ein kritischer Rückblick auf eine rücksichtslose Medienmaschinerie und eine Zeit, in der es als lustig galt, wenn Homosexuelle in Sendungen wie der „Wochenshow“ gnadenlos veralbert wurden: einfach nur traurig.