
Das Kreuzfahrtschiff „Astoria“ galt bis zuletzt als ältestes Hochseekreuzfahrtschiff der Welt. Nun wird sie im belgischen Gent recycelt.
Foto: Eckardt
Historisches Kreuzfahrtschiff „Astoria“ wird in Belgien recycelt
77 Jahre lang war das Kreuzfahrtschiff „Astoria“ auf den Meeren unterwegs. Nun endet die Geschichte des tradionsreichen Schiffes auf einem belgischen Recyclingbetrieb. Die „Astoria“ wurde zuvor für 200.000 Euro versteigert.
Das älteste Hochseekreuzfahrtschiff der Welt, die „Astoria“, wurde am 17 Juni von einem Rotterdamer Gericht für nur 200.000 Euro versteigert. Dabei handelte es sich um den Gebotspreis auch um das Mindestgebot. Jetzt teilte das belgische Verwertungsunternehmen Gallo mit, dass es das 1948 erbaute Schiff erworben hat. Da die „Astoria“ zuletzt unter portugiesischer Flagge verkehrte, muss das Schiff auf einem europäisch anerkannten Recyclingbetrieb verschrottet werden, wie Galloo nun mitteilte.
97 Prozent des Schiffsmaterials wird recycelt
An seinem Standort im Hafen von Gent betreibt Galloo schon seit vielen Jahren einen zertifizierten Betrieb für das Recycling von Altschiffen. Ab Juli soll die „Astoria“ zur Recyclinganlage nach Gent gebracht werden. Über 12.000 Tonnen Material werden dort verarbeitet, darunter Metalle, Holz, Glas und Kunststoffe. Laut dem Unternehmen Galloo werden rund 97 % davon recycelt. Unklar ist aber nach niederländischen Medieninformationen nur noch, wer für die ausstehende Rechnung des Logistikunternehmen Rhenus Logistics für die Liegeplatzgebühren in Höhe von rund 700.000 Euro aufkommt.
Damit endet eine rund mehrjährige beschäftigungslose Aufliegezeit der 160 Meter langen „Astoria“ in Rotterdam, nachdem auch der letzte Eigentümer Insolvenz angemeldet hatte. In den vergangenen Jahren verfiel das Schiff immer mehr, wie man auf einem Film auf YouTube sehen konnte, wo sich zwei Personen zwar illegal Zugang zum Schiff verschafft hatten, aber eindrucksvoll den maroden Zustand der Inneneinrichtung dokumentierten.
„Astoria“ zählte zu dem kleineren Kreuzfahrtschiffen
Das bereits 1948 als „Stockholm“ erbaute Schiff hat in den vergangenen Jahrzehnten schon viele Namen geführt und galt zuletzt als ältestes Hochseekreuzfahrtschiff der Welt. Mit einer Länge von 160 m, 21 m Breite und maximal 550 Passagieren an Bord gehört es mit einer Bruttoraumzahl von 16.000 zu den eher kleineren Kreuzfahrtschiffen.
Dabei lässt gerade die Geschichte des Schiffes Historiker aufhorchen: Gebaut wurde es für den Transatlantikverkehr zwischen Schweden und Amerika. Am 25.Juli 1956 kollidierte die „Stockholm“ nach dem Auslaufen aus New York im dichten Nebel mit der italienischen „Andrea Doria“, einem gut doppelt so großen italienischen Luxusschiff, das nach dem Unglück mit schwerer Schlagseite sank. 51 Menschen kamen dabei ums Leben. Die stark beschädigte „Stockholm“ konnte nach New York zurückkehren und wurde repariert.
Als DDR-Urlauberschiff fuhr die „Astoria“ bis nach Kuba
Ab Anfang 1960 verkehrte es dann als DDR-Urlauberschiff „Völkerfreundschaft“ des Freien Deutschen Gewerkschaftsbundes (FDGB) für Kreuzfahrten. Bereedert wurde das in Rostock beheimatete Schiff von der VEB Deutfracht/Seereederei Rostock (DSR). Bis zu ihrem Verkauf im Jahr 1985 waren jeweils bis zu 568 Passagiere bei den zahlreichen Reisen an Bord, die bis nach Kuba führten.
Im Jahr 1992 erfolgte ein kompletter Umbau, bei dem nicht viel mehr als nur noch der stabile, zum Teil genietete Rumpf des ursprünglichen Schiffes erhalten blieb. Aus Stabilitätsgründen wurde beim Umbau auch noch ein so genannter Ducktail am Heck angebaut, der das Schiff aber dann nicht unbedingt schöner machte. Nach dem Großumbau verkehrte es zwischenzeitlich unter wechselnden Reedereien und Namen wie „Italia Prima“, „Valtur Prima“, „Caribe“, „Athena“ und „Azores“ und war auch bei deutschen Seereiseveranstaltern wie Phoenix Reisen oder Ambiente Kreuzfahrten im Einsatz und steuerte dabei regelmäßig auch die Columbuskaje in Bremerhaven an.
Modelshooting für „Germany‘s next Topmodel“ vor acht Jahren
Ab 2015 verkehrte es für die Reederei Cruise & Maritime Voyages (CMV) vornehmlich für den britischen Markt unter dem Namen „Astoria“, zeitweise auch in Charter für den französischen Veranstalter Rivages Du Monde. Im Februar 2017 war das Schiff dann auch bei einem jüngeren Publikum bekannt, denn die „Astoria“ diente als Plattform für Modelshootings für 28 junge Mädchen für die bekannte deutsche TV-Serie „Germany‘s next Topmodel“ von Heidi Klum. Ein Jahr später nahm die „Astoria“ dann nochmals Kurs auf mehrere deutsche Städte und absolvierte auch einen Besuch in der Hansestadt Bremen, wo sie an der Getreideverkehrsanlage in Bremen-Walle festmachte.
Durch die weltweite Corona-Pandemie Anfang 2020 und die Einstellung von Kreuzfahrten musst die britische Reederei CMV Insolvenz anmelden und die „Astoria“ wurde in Tilbury aufgelegt. Nach einer missglückten Überführung des Kreuzfahrers von Tilbury nach Lissabon wurde die „Astoria“ im Dezember 2020 nach Rotterdam geschleppt. Seit dieser Zeit lag das Kreuzfahrtschiff unter Arrest in einem versteckten, schwer zugänglichen Hafenbecken des Waalhavens. (dly)