
So wie auf dieser Zeichnung könnte die Fähre einmal aussehen.
Foto: Viking Line
Projekt der Superlative: Finnen planen die weltweit größte vollelektrische Fähre
Emissionsfrei über den Finnischen Meerbusen von Helsinki nach Tallinn: Eine finnische Reederei will das möglich machen - mit einer Fähre der Superlative.
Die finnische Fährreederei Viking Line bereitet sich darauf vor, in ein paar Jahren einen vollständig emissionsfreien Fährverkehr zwischen Helsinki und Tallinn einzuführen. Das bahnbrechende Schiffskonzept des Unternehmens zeigt, dass ein grüner Seeweg über den Finnischen Meerbusen bereits Anfang der 2030er Jahre Realität werden könnte. Bei der Umsetzung würde das unter dem Namen Helios entwickelte Konzept die größte vollelektrische Passagier- und Autofähre der Welt darstellen.
In rund zwei Stunden ans Ziel
Das Helios-Konzept zeigt, wie die Fähre aussehen könnte. Mit einer Batteriekapazität von etwa 85–100 Megawattstunden (MWh) könnte Helios bis zu 2.000 Passagiere in etwas mehr als zwei Stunden über den Finnischen Meerbusen befördern. Dabei wäre das Konzeptschiff 195 Meter lang, 30 Meter breit und erreichte eine Geschwindigkeit von etwa 23 Knoten. Die Frachtkapazität an Bord soll rund 2.000 Frachtmeter betragen. Auffällig im Vergleich zu den bislang mit Verbrennungsmotor eingesetzten Schiffen ist vor allem das fehlende Schornsteinprofil.
Batterie wird im Hafen geladen
Das Konzept basiert auf einer Forschungskooperation zwischen Viking Line, der finnischen Rauma-Werft sowie weiteren Partnern. Das Konzept wurde gezielt für die Route Helsinki–Tallinn entwickelt – eine Strecke von 80 Kilometern bzw. 43 Seemeilen, die sich ideal für den Einsatz elektrischer Schiffe eignet. Die Batterie wird jeweils während der Hafenliegezeit geladen, wobei eine Ladeleistung von über 30 MWh erforderlich ist.
Reedereichef sieht „neue Ära im Seeverkehr“
„Helios markiert den Beginn einer neuen Ära im Seeverkehr – vergleichbar mit den ersten Segel-, Dampf- oder Motorschiffen ihrer Zeit. Das Konzept zeigt, dass großflächiger emissionsfreier Schiffsverkehr keine Utopie mehr ist. Bereits Anfang des nächsten Jahrzehnts könnten die größten vollelektrischen Passagier- und Autofähren der Welt in Betrieb sein. Wir setzen alles daran, die ambitionierte Vision von Helios zu verwirklichen“, sagt Jan Hanses, CEO von Viking Line.
Mehrere hundert Millionen Euro investiert
Viking Line hat in den vergangenen Jahren den Weg für emissionsarmen Seeverkehr geebnet und mehrere hundert Millionen Euro in bahnbrechende Technologien investiert. So war die 2013 abgelieferte „Viking Grace“, das weltweit erste Passagierschiff, das sowohl Flüssigerdgas (LNG) als auch Biogas als Treibstoff nutzte. 2022 wurde sie durch das noch klimafreundlichere Schiff „Viking Glory“ ergänzt. Dank dieser Investitionen können Reisende bei Viking Line heute gegen Aufpreis Biotreibstoff wählen und so ihre Emissionen um bis zu 90 % reduzieren.
Verträge mit ersten Frachtkunden
Auch erste Frachtkunden haben Verträge über den Einsatz von Biokraftstoff unterzeichnet. Der emissionsfreie Schiffsverkehr im Finnischen Meerbusen wird durch das FIN-EST Green Corridor-Projekt gefördert, das von den Städten Helsinki und Tallinn ins Leben gerufen wurde. Zu den Gründungsmitgliedern gehören auch die Häfen beider Städte, das estnische Klimaministerium sowie die Reedereien Viking Line, Rederi AB Eckerö und Tallink Grupp.
Leistungsfähige und verlässliche Ladeinfrastruktur
„Es ist großartig, dass sich Städte und Häfen gleichermaßen zum Aufbau eines grünen Seewegs bekennen. Elektrischer Schiffsverkehr entsteht nicht allein durch Investitionen in Schiffe – entscheidend ist auch eine leistungsfähige und verlässliche Ladeinfrastruktur in den Häfen. Der Heimathafen der neuen Elektroschiffe soll Jätkäsaari sein, wo der Hafen von Helsinki bis 2032 ein umfassendes Entwicklungs- und Ausbauprogramm in dem ehemaligen Containerhafen umsetzt. Der Fortschritt dieses Projekts ist für unsere Planungen von zentraler Bedeutung“, erklärt Jan Hanses.
Passagieraufkommen soll weiter wachsen
Schon heute entfällt der Großteil des Passagier- und Frachtverkehrs im Hafen Helsinki auf Verbindungen nach Estland. Laut Prognosen des Hafens von Helsinki soll das Passagieraufkommen zwischen dem Westhafen und Tallinn von 5,5 Millionen im Jahr 2024 auf 11,6 Millionen bis 2040 steigen. Auch die Frachtmengen werden deutlich zunehmen. Aufgrund dieser sich abzeichnenden erhöhten Transport- Prognosen gab es über viele Jahre auch die Idee für einen Eisenbahntunnel zwischen Helsinki und Tallinn. Doch die Planungen zu dem Projekt wurden im letzten Jahr nach einer langen juristischen Auseinandersetzung aufgrund einer Umweltverträglichkeitsprüfung gestoppt. (tra)