
Maerzfeld hauen rein mit brachialem Sound und verstörenden Texten.
Foto: Maerzfeld
Maerzfeld: Herzensprojekt dreier Stahlzeit-Musiker
Die Band Maerzfeld besticht durch brachialen Sound und gnadenlose Texte aus eigener Feder. Einige Bandmitglieder sind den Fans flatternder Klamotten, wirbelnder Mähnen und treibender Riffs als Teile der Rammstein-Tributeband Stahlzeit bekannt.
Mit Maerzfeld verwirklichen Frontmann „Heli“ und seine Mitstreiter ihre eigenen Ideen für griffige musikalische Arrangements und Texte.
„Auf keinen Fall Jever!“
„Heli“, Mike und Ronald sitzen nach dem Soundcheck für ihren Auftritt mit Stahlzeit im Backstagebereich der Bremerhavener Stadthalle und plaudern entspannt bei dem einen oder anderen Bier („Auf keinen Fall Jever!“ Ronald).
„Als Profimusiker kann Freundschaft bei einer Band helfen, muss aber nicht sein. Wenn das wichtig ist, macht man seinen Job nicht gut“, erzählt Keyboarder Ronald Huber, der in verschiedenen Formationen engagiert ist. „Ich bin vielschichtig unterwegs - aber Schlager pack ich nicht.“ „Heli“ und Mike lachen kurz und stoßen zustimmend mit Ronald an. „Prost!“
Eigene Songs
Maerzfeld ist für alle drei ein echtes Herzensprojekt, da sie hier alle Stücke „selbst erdacht“ und komponiert haben. „Die Songs entwickeln wir symbiotisch, nur die Texte kommen zu 90 Prozent von mir“, verrät „Heli“ und ergänzt: „Wenn wir eine Melodie oder einen Track im Kopf haben, suchen wir gemeinsam aus, welches Thema oder welcher Text der Musik gerecht wird. Manchmal ist es auch andersrum. Dann gibt es eine Textidee, und wir bauen darauf eine Melodie auf.“ „Heli“ erinnert sich an seine Jahre als Gastronom.
Textideen als Kneipenwirt
„Als ich noch die Kneipe hatte, sind mir die Inhalte und Themen von selbst zugetragen worden.“ Und er schüttelt ein sehr bildhaftes Beispiel aus dem Ärmel: „Ein Stadtführer, der regelmäßig bei mir sein Bierchen trank, kam eines Abends im Kleid in die Kneipe. Natürlich habe ich ihn nach dem Grund gefragt, und so erzählte er von den Hübschlerinnen. Ich kannte den Ausdruck nicht, und er klärte mich auf, dass man Prostituierte im Mittelalter als Hübschlerinnen bezeichnete.“ (Video„Hübschlerin“ ).

Foto: unruh
Partikel verschmelzen im Probenraum
Die Ideen, Melodien und die ersten Arrangements werden dann häufig online untereinander ausgetauscht, „und jeder gibt seinen Senf dazu“, sagt Mike. „Es gibt Songs, da geht es ganz schnell, und andere liegen lange in der Schublade, bis sie wieder rausgekramt werden“, ergänzt er. Wenn dann im Probenraum alle beisammen sind und das Stück miteinander spielen, verschmelzen die einzelnen Partikel entweder zu einem Ganzen - „oder wir verwerfen dann ganz viele wieder“, verrät Ronald mit einem Schulterzucken. Wenn dem Keyboarder eine Melodie in den Kopf kommt, zögert er nicht lange und hält diese sofort in seinem Handy fest. „Ich habe es mir schon oft sofort ins Handy gesummt oder reingesungen. Mir ist es aber auch schon unter der Dusche passiert, und ich bin dann sofort ins Büro gerannt, um es auf dem Klavier zu spielen und aufzuschreiben.“ „Heli“ und Mike grinsen Ronald an, der sofort abwehrend die Hände hebt: „Ist so. Ich habe aufgehört, Ideen verstreichen zu lassen. Die kommen so nicht wieder.“

„Heli“, Mike und Ronald beim Klönschnack im Backstagebereich der Stadthalle Bremerhaven.Jessica Unruh
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Auf Bühne anderer Mensch
„Heli“ erzählt, wie es ihm oft mit Texten geht. „Wenn ich einen guten Satz im Kopf habe, dann schreibe ich ihn auch auf. Wenn ich ein Textthema habe, suche ich dazu die entsprechende Musik. Es ist ein Unterschied, ob es in dem Text um Liebe oder Totschlag geht. „Heli“ berichtet, dass ihn viele Leute, die ihn privat kennen, auf der Bühne oft nicht wiedererkennen und ihm im Nachhinein sagen: „Du bist sonst ein netter, umgänglicher Mensch, aber den Typen auf der Bühne trauen wir uns nicht anzusprechen. Vor dem haben wir Angst.“ Mike und Ronald lachen, und „Heli“ zuckt nur mit der Schulter. „Ich spiele insbesondere bei Stahlzeit auf der Bühne eine Rolle - offenbar gut.“

Sie sind ein eingespieltes Team (von links): „Heli“, Mike und Ronald.
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Auf Bühne voller Adrenalin
Die Vertrautheit, die mit einer langen Freundschaft entsteht, ist zwischen „Heli“, Mike und Ronald deutlich spürbar. Auf die Frage, ob sie sich jenseits ihrer Gigs privat treffen, winken überraschend alle sofort vehement ab. „Wir verbringen wegen unserer Musik mehr Zeit miteinander als mit unseren Familien“, schüttelt Ronald den Kopf. „Wir wachen im Tourbus nebeneinander auf, trinken den ersten Kaffee zusammen, das ist schon intim genug“, grinst Mike und flirtet Ronald gespielt an, sodass beide losprusten und sich zuprosten.

Mike und Ronald ziehen sich gerne gegenseitig auf.
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Es ist Zeit, dass sich die drei für ihren Gig vorbereiten, die bekanntlich auch kein kurzer Spaziergang sind.
Siehe auch Musiktipp: Album „Alles anders“ Maerzfeld