
Eine Frau hält Geldscheine und Münzen in der Hand.
Foto: Daniel Karmann
Soziales
Armutsgefährdung 2022 Niedersachsen: 17,1 Prozent wie 2021
In Niedersachsen waren 2022 rund 1,37 Millionen Menschen von relativer Einkommensarmut betroffen. Die Landesarmutskonferenz fordert viele Maßnahmen, um die soziale Spaltung einzudämmen.
Die Armutsgefährdung im vergangenen Jahr verharrt in Niedersachsen mit 17,1 Prozent auf dem Vorjahresniveau. Deutschlandweit betrug sie 16,7 Prozent. Damit waren 2022 im Bundesland rund 1,37 Millionen Menschen von relativer Einkommensarmut betroffen. Wie das Sozialministerium in Hannover am Dienstag mitteilte, kann die soziale Lage 2022 und 2021 kurzfristige Auswirkungen des Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine aufzeigen als auch noch solche aus der Corona-Pandemie.
Minderjährige Kinder und Jugendliche waren auch 2022 zu mehr als einem Fünftel (22,3 Prozent) armutsgefährdet. Dabei fiel die Armutsgefährdung im Alter (65 Jahre und älter) mit 17,9 Prozent ebenfalls überdurchschnittlich hoch aus, mit einem deutlichen Unterschied zwischen Frauen (20,0) und Männern (15,5).
Auf existenzsichernde Hilfen des Staates waren 2021 noch insgesamt 655.534 Menschen in Niedersachsen angewiesen - und damit so wenige wie nie zuvor seit Beginn der Statistik 2006. Der Anteil an der Bevölkerung sank im Vergleich zu 2020 um 0,4 Prozentpunkte auf 8,2 Prozent. Für 2022 zeichnet sich dagegen wieder ein Anstieg der Bezieher von Mindestsicherungsleistungen ab. Grund dafür sind hauptsächlich die aus der Ukraine geflüchteten Menschen, wie es weiter hieß.
Bei vielen Haushalten führten 2022 insbesondere die Preissteigerungen im Bereich Haushaltsenergie neben hohen Mieten nicht zuletzt zu Wohnkostenüberbelastung, die Haushalte mussten also mehr als 40 Prozent ihres Einkommens für Wohnen ausgeben. Dies betraf in Niedersachsen 12,8 Prozent der Bevölkerung insgesamt und 39,1 Prozent der Bevölkerung in armutsgefährdeten Haushalten. „Da auf dem Wohnungsmarkt sich keine Entspannung abzeichnet, liegt hier vor allem in Ballungsräumen sozialer Sprengstoff“, schrieb die Landesarmutskonferenz (LAK).
Schließlich waren 2022 insgesamt 6,9 Prozent der Bevölkerung und 18,5 Prozent unter dem armutsgefährdeten Teil der Bevölkerung von erheblicher sozialer und materieller Entbehrung betroffen. Sie mussten auf viele materielle und soziale Dinge, die zum allgemeinen Lebensstandard gehören, aus finanziellen Gründen verzichten. Dazu gehört unter anderem, dass sich ein Haushalt eine Woche Urlaub im Jahr leisten kann oder, dass sich eine Person leisten kann, einmal im Monat mit Freunden etwas essen oder trinken zu gehen.
„Grundsätzlich ist die wachsende Spaltung zwischen Arm und Reich ein Krisentreiber“, sagte LAK-Geschäftsführer Klaus-Dieter Gleitze. Von dieser Spaltung profitierten in wachsendem Maß Rechtspopulisten und Demokratiefeinde. „Daher ist nachhaltige Armutsbekämpfung auch im Sinne von Erhalt unserer Demokratie eine Pflicht für alle gesellschaftlichen Akteure.“ Die LAK fordert die Schaffung eines Sozialen Arbeitsmarktes in Niedersachsen für Langzeitarbeitslose, ein 9-Euro-Ticket, die Einführung einer Landeswohnungsbaugesellschaft, die Erhöhung der Regelsätze für Bürgergeld und Grundsicherung um 200 Euro sowie eine auskömmlich finanzierte Kindergrundsicherung und einen nationalen Aktionsplan zur Armutsbekämpfung.