
Der Hamburger Landesarchäologe kritisiert die Bergung von U16.
Foto: Sina Schuldt
Spektakuläre Aktion
Landesarchäologe zu gesunkenem U-Boot vor Cuxhaven: „Stümperhafte Bergung“
„Illegale Hauruck-Aktion“, „grobe Missachtung jeglicher Regularien“ - Hamburgs Landesarchäologe kritisiert die Bergung des kaiserlichen U-Boots U16 in der Nordsee vor Cuxhaven. Die lief alles andere als optimal.
Hamburgs Landesarchäologe Rainer-Maria Weiss hat die Bergung des 1919 in der Nordsee vor Scharhörn gesunkenen deutschen U-Bootes U16 als „stümperhaft“ und als „illegale Hauruck-Aktion“ bewertet. Bei der Bergung in der Nacht zum Montag in der Nordsee vor Cuxhaven war das Boot in zwei Teile zerbrochen.
Der Landesarchäologe sagte, er habe erst aus der Zeitung von der Aktion erfahren. „Es ist Hamburger Hoheitsgebiet und damit sind für alle Bodendenkmale rund um Scharhörn wir zuständig“, sagte Weiss. Er sprach von einer „groben Missachtung jeglicher Regularien“. Unter Normalbedingungen und fachlicher Aufsicht wäre das Boot seiner Ansicht nach nicht zerbrochen.
Natürlich passiere immer mal wieder aus Versehen etwas. „Aber mit dem Vorhaben ranzugehen, ein bekanntes U-Boot, das identifiziert ist, einfach mal hochzureißen, das ist schon ziemlich einzigartig.“
BSH rechtfertigt sich für Bergung
Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie bezeichnete die Bergung in einem Beitrag auf Linkedin dagegen als notwendig. „Denn nach der Fahrrinnenanpassung der Unter- und Außenelbe wurde das Wrack der U16 für die Sicherheit der Schifffahrt und der Fahrrinnenunterhaltung relevant.“ Es lag in rund 20 Metern Tiefe vor der Insel Scharhörn.
Zustand von U16 ist eigentlich gut
Der Erhaltungszustand von U16 wirke auf den Bildern der geborgenen U-Boot-Hälfte aber ausgezeichnet, sagte Landesarchäologe Weiss. „Das ist dickwandiger Stahl, da sind noch alle Versorgungsleitungen vorhanden. Das hat keine Fehlstellen, keine Durchrostungen. Dem geht es eigentlich richtig gut. Also fataler als so eine Bergung hätte man es nicht machen können.“ Statt es zu bergen, hätte man das U-Boot ein wenig anheben und ein paar Meter weiter wieder ins Wasser legen können, sagte der Archäologe.
Das geborgene Wrack werde nicht innerhalb weniger Tage wegrosten, sagte Weiss. „Es ist nur aus unserer Sicht kein archäologisches Objekt, das wir in unsere Obhut genommen hätten.“ Weiss geht von einer Kette von Versäumnissen aus, die zu der Aktion führte. Ein Boot von solchem Kaliber spreche sich unter Militariasammlern und U-Boot-Fans herum. Verschiedene Museen haben bereits Interesse bekundet, zumindest Teile auszustellen.
Rechtlich betrachtet gehört das Boot der Bundesrepublik. Über den Umgang mit Funden entscheide das Bundesamt für Immobilienaufgaben, sagt Jens Auer von der Kommission für Unterwasser- und Feuchtbodenarchäologie im Verband der Landesarchäologien: „Das ist ja schließlich deutsches Kulturerbe. Wir können das ja nicht einfach kaputt machen. Selbst wenn es sich um ein Schifffahrtshindernis gehandelt hätte, hätte man andere Optionen gehabt.“
Ein Sprecher der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) erklärt: „Bei der U16 handelt es sich um ein U-Boot der deutschen Kaiserlichen Marine. Die Wrackteile stehen somit im Eigentum des Bundes.“ Weder die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) als Eigentümerin noch die zuständigen archäologischen Fachbehörden seien einbezogen worden. „Damit wurden geltende rechtliche und denkmalpflegerische Vorgaben missachtet.“ Die BImA bestätigte auf Nachfrage: „Eine Bergungsgenehmigung wurde durch die BImA nicht erteilt. Eine Information über die beabsichtigte Bergung im Vorfeld erfolgte nicht. Der BImA ist die Angelegenheit erst nach Bergung der ersten Wrackteile bekannt geworden.“ Mittlerweile habe man mit der Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes Kontakt aufgenommen und steht im Austausch über die weitere Vorgehensweise.
Historiker: Boot wurde vermutlich von Besatzung versenkt
Doch warum war das U-Boot 1919 überhaupt gesunken? „Es ist nichts von Toten bekannt“, sagt der Marinehistoriker Jann M. Witt vom Deutschen Marinebund. Er habe daher die begründete Annahme, dass es sich um einen Unfall in Anführungsstrichen handelte. „Vermutlich ist das U-Boot von der Besatzung selbst versenkt worden, um der Auslieferung zu entgehen.“ Die Auslieferung deutscher U-Boote an die Alliierten sei nach dem Ersten Weltkrieg eine der Voraussetzungen für den Waffenstillstand gewesen, sagt Witt.
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