Stephan Schulze-Aissen und sein Team von Betten-Aissen freuen sich über das Jubiläum.
Foto: Sandelmann
Seit 1895 ist Betten-Aissen Experte für die Schlafenszeit
Betten, Matratzen, Kopfkissen, Zudecken, Rahmen und Textilien – wer bei Betten-Aissen ins Geschäft in der Langen Straße 118–120 kommt, wird sich nicht vorstellen können, dass es hier auch einmal Gardinen, Schuhe, Hüte, Unterwäsche und Kurzwaren gab.
Denn Gründer Peter Frerich Aissen eröffnete sein Geschäft vor 130 Jahren als Konfektions- und Manufakturwarenhandlung. „Vor einigen Jahrzehnten haben meine Großeltern hier noch viele Tausend Kittelschürzen verkauft – doch heute dürften die wenigsten wissen, was das überhaupt ist“, meint der heutige Inhaber Stephan Schulze-Aissen und lächelt. Den Schritt in Richtung Fachgeschäft rund um gesundes Schlafen und Schlafkomfort ist er bewusst gegangen, hat damit das Geschäft wirtschaftlich sicher aufgestellt. Denn: „Ein Drittel unserer Zeit verbringen wir schließlich im Bett“, meint er.
Gründung am 6. April 1895
Daran hat Peter Frerich Aissen aber wohl noch nicht gedacht, als er am 6. April 1895 in Lehe in der Langen Straße 120 sein Geschäft mit Warenlager gründete – doch Geschäftssinn hatte der gelernte Kaufmann schon. Ursprünglich stammte der aus Wiarden bei Jever. Warum es ihn nach Lehe zog? „Lehe war eine aufstrebende Stadt“, sagt Stephan Schulze-Aissen mit Blick auf den Hafenbau und die Auswanderung. Die Menschen wollten mit Waren versorgt und die Schiffe ausgerüstet werden.
Das Geschäft lief – und wuchs
„Und der Bereich Hafenstraße/Lange Straße war damals ein Gebiet, in dem viele Geschäfte angesiedelt waren“, weiß Schulze-Aissen. Das Thema Schlafen hatte Peter Frerich Aissen aber trotzdem in seinem Geschäftsmodell, denn dazu gehörte eine Bettenmanufaktur. Das Geschäft lief – und wuchs. Der Firmengründer kaufte das Grundstück und auch das Wohn- und Geschäftshaus nebenan, stellte so einen größeren Gebäudekomplex her, das heutige Betten-Aissen.
Viele Veränderungen am Gebäude
Das Gebäude hat im Laufe der Zeit viele Veränderungen mitgemacht, wurde mehrfach erweitert und modernisiert. 1996 wurden die großen Schaufenster, die zwischenzeitlich eingebaut waren, wieder zurückgebaut und gleichzeitig die alte Fassade wiederhergestellt. Denn das ist Stephan Schulze-Aissen wichtig: Zum einen ein modernes Geschäft, das gut für die Zukunft aufgestellt ist und zum anderen „muss man wissen, wo man herkommt. Das erdet“, sagt er.
Gewölbe 1994 saniert
Dazu passt auch 1993 bis 1994 die Sanierung des historischen Gewölbes aus dem Jahr 1835 unter dem heutigen Geschäft – quasi im Keller. Über eine Treppe gelangt man dorthin. Die beiden Räume, die wieder so hergestellt wurden, wie sie die Brauerei Tivoli als Lagerkeller für frisch gebrautes Bier genutzt hat. Das bis dahin unzugängliche Gewölbe wurde von Schutt befreit und aufwendig saniert.
Kulturelle Veranstaltungen
Heute prägen roter Backstein und warmes Licht die Räume, die für die Verkaufsausstellung genutzt werden – und für kulturelle Veranstaltungen. 2007 etablierte sich Betten Aissen mit dem Kulturprogramm „Grandioses im Gewölbe“ mit Vorträgen, Erzählungen, Literaturabenden, Theater und Konzerten. Auch heute finden dort noch Veranstaltungen statt, allerdings nur für Stammkunden mit Einladung.
Ein Oldtimer als Lieferfahrzeug
Und noch eine Besonderheit hat der heutige Firmenchef eingeführt: ein besonderes Lieferfahrzeug. „Ist das ein echter Oldtimer?“, wird Stephan Schulze-Aissen oft gefragt, wenn der Lieferwagen unterwegs ist. „Ein Oldtimer ist er schon, aber nicht so alt, wie er aussieht“, meint dieser und lächelt. Es handelt sich um einen um 1980 gebauten Lieferwagen, der dem historischen Lieferfahrzeug von Aissen von 1930, einem „Adler“, in Bauart und Optik nachempfunden ist. Für Betten-Aissen als fortschrittliches Unternehmen war es Anfang des 20. Jahrhunderts selbstverständlich, sich ein solches motorisiertes Gefährt anzuschaffen. Denn Automobile verdrängten die Pferdefuhrwerke nach und nach. Und bereits in den 1920er-Jahren gehörte das Ausliefern von Waren zum Service.
Sechs moderne Lieferfahrzeuge
Heute hat Betten-Aissen sechs moderne Lieferfahrzeuge im Einsatz, aber nur eines, das dem „Adler“ von damals stark ähnelt. „Entdeckt haben wir ihn in London. Er diente einem Hutmacher als Präsentationsfahrzeug“, erzählt Stephan Schulze-Aissen. 2019 kaufte er das Fahrzeug – noch vor dem großen Jubiläum „125 Jahre Betten Aissen“.
„Adler“-Nachbau beliebt
Der „Adler“-Nachbau ist beliebt bei den Kunden. „Viele fragen, ob man die Ware nicht damit liefern könne. Dann machen sie Fotos davon“, sagt Mitarbeiterin Yvonne Reinke und lächelt. Und auch für den Service von Betten-Aissen, Kunden von zu Hause abzuholen und wieder zurückzubringen, wird das „historische“ Fahrzeug gerne genutzt.
Angebot wurde immer wieder angepasst
Doch bei aller Liebe zur Historie: Das Geschäft muss zukunftsfähig aufgestellt sein, betont Stephan Schulze-Aissen. Und dazu war es nötig, das Angebot anzupassen – etwas, das in den 130 Jahren von Betten-Aissen auch immer wieder passiert ist. So wurde 1928 eine Bettfedernreinigungsmaschine eingebaut und auch das Warensortiment immer wieder angepasst und erweitert: Aus der Bettenmanufaktur wurde ein mittleres Textilkaufhaus. Zeitweise hatte Betten-Aissen sogar eine Filiale in der Hafenstraße (eröffnet 1935) in der „Bürger“ (eröffnet 1980).
130 Jahre Betten-Aissen
Sortiment ändert sich
Noch 1950 war das Warensortiment äußerst umfangreich: Damen- und Herrenstrickwaren, Damen- und Herrenwäsche, Damen- und Herrenstrümpfe, Miederwaren, Kittel und Schürzen, Bettwäsche, Matratzen, Bettgestelle, Federbetten, Frottierwaren und Tischwäsche, Bettwäsche und Inletts als Meterware, Bezüge wurden in der Näherei angefertigt. 1965 wurden das Geschäftshaus in der Langen Straße saniert und gleichzeitig das Sortiment neu ausgerichtet: Es wurde gestrafft und der Bereich Bettwaren weiter ausgebaut.
Marktchance im Bereich „gesundes Schlafen“
Stephan Schulze-Aissen und sein Team schärften weiter und erkannten eine Marktchance im Bereich „gesundes Schlafen“. Eigentlich hatte der heutige Inhaber das Geschäft der Eltern gar nicht übernehmen wollen. „Ich bin nach dem Abitur zur Bundeswehr gegangen und habe danach im Jahr 1980 eine Banklehre absolviert“, erzählt er. Sein Ziel: Wirtschaftsjurist werden. Doch ihm wurde schnell bewusst, dass das Rechtswesen nichts für ihn war, der Bereich Wirtschaft aber schon. So entschied er sich für die Fachhochschule für Betriebswirtswirtschaft in Nagold bei Stuttgart mit dem Schwerpunkt Haustextilien (Bettwaren).
„Ich bin bodenständig“
„Damals wurde mir klar, dass man im Einzelhandel nur eine Chance hat, wenn man hoch kompetent und spezialisiert ist“, sagt Stephan Schulze-Aissen. Und genau das setzte er zu Hause um. „Ich bin bodenständig. Genau deswegen bin ich auch nach Bremerhaven zurückgekehrt“, betont er. Dort stieg er ins Geschäft ein, übernahm am 1. März 1993 als Komplementär die Firma P. F. Aissen KG. Drei Jahre zuvor hatten seine Eltern noch ordentlich in die Modernisierung des Geschäfts investiert: eine sechsstellige Summe.
Kompetenzzentrum für gesunden Schlaf
Betten-Aissen hat in 130 Jahren auch schwere Zeiten überstanden: zwei Weltkriege, die Weltwirtschaftskrise mit Plünderung des Geschäfts, und auch zuletzt die Corona-Pandemie mit den Lockdowns. Doch es gab immer einen Weg in die Zukunft. Den beschritten auch Stephan Schulze-Aissen und das Betten-Aissen-Team: „Wir haben von Anfang an daran gearbeitet, Aissen zu einem Kompetenzzentrum für gesunden Schlaf zu machen“, beschreibt er den Weg zum Spezialgeschäft mit guter Beratung: „Der Mensch steht bei uns im Mittelpunkt. Wer sich ein Bett kaufen will, sollte Zeit mitbringen. Deshalb nehmen wir uns alle Zeit, die notwendig ist, um für jeden Kunden die richtige Lösung zu finden.“
Regelmäßige Weiterbildungen
Das sympathische, kompetente Team, wie es die Kunden wahrnehmen, besucht mehrmals im Jahr intensive Fort- und Weiterbildungen. „Denn nur dieses ausgeprägte Wissen befähigt es, die Kunden umfangreich und kompetent zu beraten“, wissen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Zur Beratung gehören Fragen zur Gesundheit, zu den Schlafgewohnheiten und die Analyse des bisherigen Bettes sowie den aktuellen Anforderungen. „So können wir das optimale Bettsystem, bestehend aus Nackenstützkissen, Matratze und Unterfederung auswählen. Das Ganze wird auch auf Größe und Gewicht zugeschnitten, damit die Wirbelsäule immer ihre natürliche Haltung einnimmt“, erläutert Mitarbeiterin Britta Fancher. Die Kunden würden genau vermessen.
Zufriedenheitsgarantie mit Umtausch und Rücknahme
Zudem gibt es eine Zufriedenheitsgarantie mit Umtausch und Rücknahme der gekauften Produkte. „Und wenn wir sehen, dass es gesundheitliche Probleme gibt, die wir nicht lösen können, empfehlen wir natürlich auch den Besuch eines Arztes“, betont der Inhaber. Auch die Zudecken würden individuell angepasst: mit der Wärme-Bedarfs-Analyse (WBA), ergänzt Mitarbeiterin Claudia Koch.
Sachverständiger für Haustextilien
Stephan Schulze-Aissen übrigens der einzige Sachverständige für Haustextilien (Bettwaren) in Deutschland – erstmals bestellt im Jahr 2000 vom Bremer Senator für Wirtschaft und öffentlich vereidigt. Ebenso ist er im Präsidium der Handelskammer Bremen als Vizepräses aktiv, Mitglied in der „Gilde der Bettwarenmanufakturen“ sowie Aufsichtsratsvorsitzender des größten genossenschaftlichen Einkaufs- und Marketingverband für Bettwaren, der Bettenring eG. „Hierüber können wir mit Betten-Aissen qualitätsbewusst, aber auch günstig einkaufen“, sagt Stephan Schulze-Aissen.
Kooperation mit norddeutschen Landwirten
Zudem gibt es seit 2016 eine Kooperation mit norddeutschen Landwirten für Federn und Daunen, was auch zum Ausbau der Zudeckenabteilung führte. Die Bettenreinigung gibt es übrigens immer noch, die Anlage wurde erst 2018 erneuert. „Wir betreiben seit über 100 Jahren ein eigenes Atelier, wo wir ganz individuell auf Kundenwünsche eingehen können und zum Beispiel Kissen und Zudecken nach Maß fertigen“, erzählt Mitarbeiterin Yvonne Reinke. Man arbeite auch mit ausgewählten Lieferanten zusammen, die ebenso Wert auf Handarbeit und einheimische Produkte legen. Doch immer, wenn es möglich sei, fertige man selber.
Spezialisierung lohnt sich
Die Spezialisierung hat sich gelohnt. Nicht umsonst wurde Betten-Aissen 2012 als „Bettenfachhändler des Jahres“ ausgezeichnet, drehte die Sendung „Welt der Wunder“ einen Beitrag über „Schlafkomfort“, ebenso wie 2018 das „Gesundheitsmagazin Visite“ des NDR gleich zwei Beiträge – unter anderem unter dem Titel „Wie geht das – eine gute Nacht?“. Die Kunden von Betten-Aissen kommen aus einem Umkreis von circa 150 Kilometern – auch aus Hamburg, Hannover, Bremen, Oldenburg und Wilhelmshaven.
Dank an Stammkunden
„Wir danken unseren wunderbaren Stammkunden für die jahrzehntelange Treue und freuen uns über jeden Besuch – manchmal klönen wir bei einem guten Kaffee einfach nur miteinander“, sagt Schulze-Aissen und schmunzelt. Aber gibt es eigentlich junge Kunden? „Ja, natürlich. Die haben wir täglich“, bestätigt Britta Fancher. Da seien beispielsweise die jungen Familien, die sich um einen guten Schlaf für ihren Nachwuchs sorgten, oder auch die spezialisierten Van-Carrier-Fahrer, die mit Nacken- und Schulterproblemen zu kämpfen hätten. „Wir sorgen dafür, dass die Menschen besser schlafen“, sagt sie. Das spricht sich herum und führt zu einem Wachstum des Kundenstamms: „Unsere Stammkundendatei wird jedes Jahr größer“, ergänzt Yvonne Reinke.
„Wunderbare Mitarbeiter“
„Die wunderbaren Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter machen Betten-Aissen so erfolgreich“, sagt Stephan Schulze-Aissen aus tiefer Überzeugung und Dankbarkeit für sein Team. „Nur mit einer Crew wie dieser schafft man es, sein Schiff über Generationen auch durch stürmische, unruhige Gewässer oder Flauten sicher auf Kurs zu halten.“ „Jeder in der Mannschaft ist wichtig und hat seine individuellen Kompetenzen und persönlichen Stärken. Wir brauchen alle – vom Kapitän bis hin zum Maschinisten.“ Ein gutes Fachgeschäft sei mehr als die Summe der angebotenen Produkte. Apropos Kapitän. Natürlich hat Stephan Schulze-Aissen mit seinem Team auch über die Zukunft von Betten-Aissen nachgedacht. „Ich bin jetzt 63 Jahre alt, mir macht die Arbeit Spaß, und wenn die Gesundheit es zulässt, werde ich gerne weitermachen.“
Gesunder Schlaf ist kein Luxus
Eines ist sicher: „Betten-Aissen ist auch nach 130 Jahren mit einem tollen Team für die Zukunft wirtschaftlich und personell gut aufgestellt“, sagt Stephan Schulze-Aissen. Gesunder Schlaf sei kein Luxus, sondern das Ergebnis einer guten, kompetenten Beratung, bei der immer der Mensch im Mittelpunkt stehe und mit all seinen Facetten und Bedürfnissen beachtet werde. „Qualität hat Tradition bei Aissen – seit 1895“, betont Stephan Schulze-Aissen. Und das solle auch in Zukunft so bleiben.