
Kürzlich ist der Ruf nach einer neuen Praxisgebühr laut geworden – zur Eindämmung von „Ärzte-Hopping“ und zur Entlastung der Kassen.
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Arztbesuch bald nicht mehr kostenlos? So heftig ist der neue Vorschlag
Mit einer Kontaktgebühr bei Arztbesuchen wollen Arbeitgeber das Gesundheitssystem entlasten. Kritik kommt von vielen Seiten.
Kontaktgebühr soll „Ärzte-Hopping“ eindämmen
Um den Druck auf das deutsche Gesundheitssystem zu lindern, haben die Arbeitgeber einen alten Vorschlag neu belebt: eine Gebühr für jeden Arztbesuch. Steffen Kampeter, Geschäftsführer der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA), schlug im Politico-Podcast eine sogenannte Kontaktgebühr vor. Ziel sei es nicht primär, die Kassen zu füllen, sondern die hohe Zahl unnötiger Arztkontakte zu senken.
Zehn Arztbesuche pro Jahr im Durchschnitt
Laut OECD-Statistik suchen Deutsche im Schnitt zehnmal jährlich eine Praxis auf – deutlich mehr als im europäischen Vergleich. Die freie Arztwahl begünstigt das sogenannte Ärzte-Hopping, bei dem Patienten mehrere Haus- und Fachärzte gleichzeitig konsultieren. Ärztepräsident Klaus Reinhardt warnte bereits im Mai vor einer Übernutzung des Systems.
Praxisgebühr gab es schon einmal – mit gemischter Bilanz
Zwischen 2004 und 2012 wurde eine Praxisgebühr erhoben – zehn Euro pro Quartal. Die Einnahmen beliefen sich auf rund zwei Milliarden Euro jährlich. Doch der bürokratische Aufwand war hoch, und vor allem Menschen mit geringem Einkommen mieden aus Kostengründen Arztbesuche. Das Ziel, Besuche zu reduzieren, wurde kaum erreicht.
Kritik von Ärzten und Patientenschützern
Die neue Idee stößt auf breite Ablehnung. Der Hausärzteverband hält sie für unsozial und undurchdacht. Chronisch Kranke wären besonders betroffen, ebenso wie sozial schwächere Gruppen. Gewerkschaften wie Verdi warnen vor einer Verschärfung der sozialen Ungleichheit in der medizinischen Versorgung.
Hausarztzentrierte Versorgung als Alternative
Statt Gebühren steht auch eine Steuerung über den Hausarzt im Raum. Laut Koalitionsvertrag soll dieser zur ersten Anlaufstelle werden und weitere Behandlungsschritte koordinieren. Wer diese Regelung umgeht, könnte künftig mit höheren Zuzahlungen rechnen. Die Debatte dürfe weitergehen. (dpa/axt)