Der trockene Alkoholiker Uli Borowka  bei einer Lesung.

Der trockene Alkoholiker Uli Borowka bei einer Lesung.

Foto: Spata/dpa

Werder Bremen

Uli Borowka: Werder grenzt mich als Mensch aus

Von nord24
25. Oktober 2016 // 19:30

Am Mittwochabend feiert Werder auf dem Freimarkt seine Pokalsieger von 1991 – doch mindestens zwei Helden von damals werden bei dem 25-jährigen Jubiläum im Hansezelt fehlen: Uli Borowka und Oliver Reck. Sie sind offenbar Opfer einer Einladungspanne geworden. Borowka mag das allerdings nicht glauben, spricht von einer „Unverschämtheit“ und erhebt einen schweren Vorwurf: „Ich habe ganz klar das Gefühl: Werder grenzt mich als Mensch aus, weil ich ein trockener Alkoholiker bin. Das ist doch keine Werder-Familie mehr.“ Der Verein weist diesen Verdacht entschieden zurück.

Dr. Hubertus Hess-Grunewald: Es gibt keine Vorbehalte und Animositäten

„Von den Aussagen von Uli Borowka sind wir sehr überrascht. Es gibt seitens Werder Bremen überhaupt keine Vorbehalte oder Animositäten. Uli Borowka ist ein verdienter ehemaliger Spieler des SV Werder, der zu diversen Anlässen bereits als Gast empfangen wurde“, betont Vereinspräsident und Geschäftsführer Dr. Hubertus Hess-Grunewald. Quasi als Beweis dafür führt er die Mitglieder-Aktion „Meet & Greet“ im Weserstadion an, die vor einem Jahr mit Borowka als Stargast gestartet wurde.

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Einladung geht versehentlich an eine alte Adresse von Uli Borowka in Berlin

Die Einladung für die Jubiläumsfeier sei versehentlich an dessen alte Adresse in Berlin geschickt worden. Borowka ist aber inzwischen nach Lehrte gezogen. Das Missgeschick sei aber schnell aufgefallen und mit einer SMS an den Betroffenen aufgeklärt worden, so Hess-Grunewald. Auch bei den Torhütern Reck und Jürgen Rollmann habe es Probleme mit den Adressen gegeben.

Interview mit Uli Borowka im Videoformat:

Uli Borowka: Werder wird schon irgendwelche Ausreden finden

Borowka lässt das nicht gelten, er hat sogar mit nichts anderem gerechnet: „Sie werden schon irgendwelche Ausreden finden – wie immer.“ Bislang habe er deshalb stets geschwiegen. „Aber nun ist mir wirklich die Hutschnur geplatzt“, erklärt er seinen Anruf bei einer Zeitung: „Die Leute sollen mal wissen, was da wirklich bei Werder los ist.“

Thema Alkoholkrankheit: Uli Borowka bezeichnet Otto Rehhagel als "coabhängig"

Ähnliches gilt auch für das Thema Otto Rehhagel, der in Bremen als erfolgreichster Trainer der Vereinsgeschichte verehrt wird. „Otto war ein toller Trainer, aber jetzt verachtet er mich“, behauptet Borowka. Es geht um sein Buch „Volle Pulle. Mein Doppelleben als Fußballprofi und Alkoholiker“, das vor vier Jahren erschienen ist. Darin wird Rehhagel als „co-abhängig“ bezeichnet. „So nennt man im Fachjargon nun einmal die Leute, die Alkoholiker schützen wollen“, erklärt Borowka.

Uli Borowka hat keinen Kontakt mehr zu Otto Rehhagel

Rehhagel hatte die Eskapaden seines Spielers in Bremen immer wieder gedeckt. „Ich werfe ihm das gar nicht vor“, betont Borowka und wundert sich: „Er spricht einfach nicht mehr mit mir.“ Über Rehhagels Sohn habe er noch einmal versucht, Kontakt aufzunehmen. Erfolglos. „An Ottos Stelle würde ich mich schämen, sich so gegenüber einem ehemaligen Spieler zu verhalten“, schimpft der 54-Jährige.

Im Jahr 2000 geht es in die Entzugsklinik

Fast 20 Jahre hat Borowka getrunken, am schlimmsten war es zu seiner Bremer Zeit 1987 bis 1996. Nach einem Autounfall unter Alkoholeinfluss wurde ihm geraten, den Verein zu verlassen. Seine Karriere war damit beendet – sein Alkoholkonsum noch nicht. Erst 2000 konnte ihn sein Gladbacher Ex-Kollege Christian Hochstätter davon überzeugen, in eine Entzugsklinik zu gehen. Seitdem ist Borowka trocken.

Uli Borowka setzt sich für die Suchtprävention ein und macht Lesungen

„Mir geht es gut“, sagt er. Der gebürtige Sauerländer macht viele Lesungen und setzt sich für Suchtprävention ein. Erst am Sonnabend war er in Bremen. „Zum Freimarkt mit meiner Frau und meiner Tochter, das hat Spaß gemacht.“ Am Mittwoch kehrt er nicht zurück, er hat Werder inzwischen abgesagt: „Sie sollen mich künftig außen vor lassen.“

Oliver Reck bleibt trotz fehlender Einladung gelassen und scherzt: Vielleicht  habe ich zu viele Tore kassiert

Ex-Torwart Reck sieht das wesentlich gelassener. „Natürlich habe ich mich gewundert, dass ich nicht eingeladen bin. Aber enttäuscht bin ich deshalb nicht. Ich habe gerade auch genug zu tun“, sagt der Coach des Regionalligisten Offenbacher Kickers und macht einen Scherz über den Grund der Nicht-Einladung: „Vielleicht habe ich zu viele Tore kassiert...“ Nur eines ist dem 51-Jährigen in dieser Angelegenheit doch wichtig: „Wenn man jetzt sagt, man hätte meine Kontaktdaten nicht, dann ist das falsch. Ich hatte erst im Sommer viel Kontakt zu Werder, weil ich einige Spieler der U23 bei mir in Offenbach im Probetraining hatte.“ (bkn)