„Die Reihe ist mein Herzensprojekt“
Herr Jaenicke, vor gut 40 Jahren waren Sie zum ersten Mal in einem Film zu sehen, dem Thriller „Abwärts“. Waren Sie aufgeregt, an der Seite von Götz George zu spielen?
Götz George hat es mir unheimlich leicht gemacht. Ich sage ja immer, er ist mein filmischer Ziehvater. Ich kam direkt vom Theater, war damals noch fest engagiert am Theater Bonn und hatte, was Film betrifft, von Tuten und Blasen keine Ahnung. Aber der große Götz und das ganze Team waren unglaublich geduldig und hilfsbereit mit einem kleinen Theatervogel namens Hannes Jaenicke.
Wie hat Götz George Ihnen konkret geholfen?
Der Film wurde ja in München gedreht und ich wohnte in einer winzigen Studentenwohnung in Schwabing, Götz residierte im Hotel gegenüber. Wir wurden dann jeden Morgen von einem Fahrer abgeholt, und wenn da auf der Dispo stand: 7.30 Uhr Abholung vor dem Hotel, dann stand Götz spätestens um 7.28 Uhr auf der Straße. Auch bei Schneeregen. Er hat nur gesagt: „Man lässt einen Fahrer nicht warten“, und das war schon mal Lektion eins für mich jungen Schauspieler. Lektion Nummer zwei: Götz konnte immer seinen Text und hat nie eine Markierung verfehlt. Außerdem hat er für jede Szene ungefähr zehn Varianten angeboten, seine Spielwut war legendär. Ich habe fast alles, was ich über Film wissen musste, von Götz George gelernt. Das war keine schlechte Schule. Wenn ich heutzutage mal nicht weiter weiß, denke ich mir oft: Was würde Götz jetzt wohl tun?
Und erhalten Sie immer eine Antwort auf diese Frage?
Meistens (lacht). Ich glaube, er hat mich gemocht.
An wem haben Sie sich als junger Schauspieler sonst orientiert?
Ich bin schon immer leidenschaftlich gerne ins Kino gegangen und war ein großer Fan von Al Pacino, Robert de Niro, Sean Penn, Paul Newman, Robert Redford und vielen anderen. Clint Eastwood gehört auch dazu, aber für den habe ich mich erst so richtig interessiert, als er angefangen hat, als Regisseur zu arbeiten.
Sind Sie zufrieden mit Ihrem filmischen Werk?
Ach, wissen Sie, ich habe in 40 Jahren so viel gemacht, da waren auch viele mittelmäßige Filme darunter und auch der ein oder andere Quatsch. Aber ein paar gute Filme habe ich, glaube ich, schon gedreht. Ich habe tolle Sachen gedreht, ich habe auch Quark gedreht – das gehört zum Leben eines Schauspielers einfach dazu. Manchmal ist die Lust auf eine gewisse Rolle einfach wichtiger als ein gutes Drehbuch (lacht). Mir macht mein Beruf bis heute einfach riesigen Spaß.
Und wie viel Spaß macht „Der Amsterdam-Krimi“?
Diese Reihe ist mein Herzensprojekt. Ich habe tolle Kollegen und eine fantastische holländische Filmcrew – wir drehen seit 2017 und es gab noch nie ein lautes Wort am Set. Es wird nie unnötig rumgestresst, alle sind immer gut gelaunt, auch wenn es mal schwierig wird. So gesehen sind die Amsterdam-Krimis für mich ein echter Luxus, auch wenn wir immer zu wenig Zeit und zu wenig Geld haben. Aber das gilt mittlerweile ja für fast jede Produktion.

© Steffi Henn
Hannes Jaenicke ist nicht nur als Schauspieler bekannt. Er engagiert sich auch für den Naturschutz.
Als Ermittler Alex Pollack haben Sie unter einer rauen Schale ein großes Herz für Opfer. Können Sie sich mit ihm identifizieren?
Ich bin von großartigen Eltern erzogen worden, die ihren Kindern einen starken Gerechtigkeitssinn mitgegeben haben. Einer meiner Lieblings-Sätze stammt aus einem Song der „Ärzte“: „Es ist nicht deine Schuld, dass die Welt ist, wie sie ist. Es ist nur deine Schuld, wenn sie so bleibt.“ Diesen Satz hat Alex Pollack verinnerlicht, er gibt nie auf, auch wenn es ein Kampf gegen Windmühlen ist. Ansonsten habe ich kaum Gemeinsamkeiten mit ihm. Er hat sein Privatleben vergeigt, er ist ein vereinsamter Einzelgänger, und das bin ich Gott sei Dank überhaupt nicht.
Kann man in der überlaufenen Touristenmetropole Amsterdam überhaupt vernünftig drehen?
Das ist gelegentlich schwierig, und die holländischen Kollegen fragen sich alle, warum wir überhaupt in Amsterdam drehen und nicht in Rotterdam, wo die meisten Filme in unserem Nachbarland gedreht werden. Aber die ARD sagt zu Recht, wir wollen den Zuschauern Amsterdam zeigen, es ist ja eben eine der beliebtesten Metropolen der Welt. Es ist, wie gesagt, manchmal kompliziert, aber wir haben es trotz der Touristenmassen bislang ganz gut gerockt bekommen. Das zeigen ja auch die Zuschauer-Quoten.
Gibt es noch stille Ecken in Amsterdam?
Das ist ähnlich wie in Venedig oder Rom: Es gibt sie, aber man muss sie natürlich kennen. Wenn man sich ein bisschen auskennt, findet man schnell gemütliche Ecken und Kneipen in Amsterdam. Ich liebe diese Stadt. Ich bin schon viel herumgekommen auf der Welt, aber Amsterdam zählt wirklich zu meinen absoluten Lieblingsplätzen.
Welche Stationen würden Sie einem Wochenendtouristen in Amsterdam empfehlen?
Wer das erste Mal hinfährt, sollte einfach mal die Grachten entlanglaufen, einen Kaffee trinken, Bötchen fahren. Außerdem hat die Stadt ein großartiges Kulturangebot. (bal)