„Ich bin im Herzen eine kindliche Seele“

„Ich bin im Herzen eine kindliche Seele“

Millionen Krimifans kennen sie als „Tatort“-Kommissarin Charlotte Lindholm, jetzt zeigt sich Maria Furtwängler in einer weihnachtlichen ARD-Komödie (Freitag, 15.12., 20.15 Uhr, ARD) zur Abwechslung von ihrer heiteren Seite.

„Im Herzen eine kindliche Seele“

Schauspielerin Maria Furtwängler über Weihnachten und ihre Rolle in einem Weihnachtsfilm

In der Komödie „Abenteuer Weihnachten“ spielt die 57-Jährige eine Mutter, deren große Patchworkfamilie sich kurz vorm Fest so zerstreitet, dass die Kinder reißausnehmen, um den Eltern einen Denkzettel zu verpassen.

Frage: Frau Furtwängler, die meisten Menschen kennen Sie ja als Tatort-Kommissarin, aber Ihre erste große Fernsehrolle war Ende der 80er Jahre die Serie „Eine glückliche Familie“. Nun sind Sie wieder in einem turbulenten Familienstoff zu sehen…

Maria Furtwängler: Ich bin eine Romantikerin, was das Thema Familie angeht. Und ich finde, dass es tatsächlich so ist: Familie kann nicht groß genug sein. Ich liebe es, wenn viele Menschen da sind, gerade an Weihnachten.

Frage: Was hat Sie daran gereizt, einen Weihnachtsfilm zu drehen und zu produzieren?

Furtwängler: Ich bin im Herzen eine kindliche Seele. Ich hänge sehr an den Traditionen rund um Weihnachten und möchte mir das bewahren, gleichzeitig habe ich Freude an Komödie. Das hat mich dazu inspiriert, eine Weihnachtskomödie mit viel Wärme zu entwickeln. Der Film zeigt aber auch, wie schwer es ist, so viele Menschen mit ihren unterschiedlichen Erwartungen an diese Zeit unter einen Hut zu bringen. Er erzählt sowohl von der Sehnsucht nach dem idealen Weihnachten, als die Großmutter noch lebte, wie von der verrückten, auch queeren Patchwork-Realität, wie sie heute viele Familien kennen.

Frage: Sie spielen eine Mutter, die nach der Trennung von ihrem Mann mit einer Frau zusammenlebt. Ist es Ihre erste homosexuelle Rolle?

Furtwängler: Nein, in dem großen ZDF-Zweiteiler „Schicksalsjahre“ habe ich auch schon eine gleichgeschlechtliche Partnerschaft erzählt. Wir wollten aber in der Weihnachtskomödie beides, das Queere und die Patchwork-Realität, nicht als etwas Besonderes ausstellen, sondern eher beiläufig miterzählen, denn so sind halt die Familien heute.

Frage: Die Welt hat sich verändert…

Furtwängler: Die Modelle sind vielfältiger geworden, es ist nicht mehr nur Vater, Mutter, Kind, Oma. Ich glaube aber, dass sich beides miteinander vereinbaren lässt, Tradition und Modernität. Die Sehnsucht nach Ritualen ist uns Menschen eigen. Ich selber hänge an einem Weihnachten, wie ich es von meiner Mutter her kenne und sie es von ihrer Mutter – wir haben immer noch die Krippe vom Urgroßvater. Auf der anderen Seite leben viele in Patchworkfamilien, ich selber habe Halbbrüder und eine Stiefmutter, es gibt Ex-Partner und Ex-Partnerinnen. Und dann ist da all der Stress, den das Fest mitbringt. Die zu hohen Erwartungen, die Hektik: Kochen, Schmücken, Geschenkekauf. Wir wollen mit dem Film die Hoffnung vermitteln, dass es am Ende doch schön werden kann, wenn man alle Hürden genommen hat.

Frage: Ihr liebstes Ritual zum Fest?.

Furtwängler: Für mich persönlich ist Weihnachten auch ganz stark mit Gerüchen verbunden, und mit Musik. Ich habe Freundinnen und einen lieben Freund, die alle ähnlich gerne singen wie ich, und vor einer Weile haben wir uns gefragt: Warum machen wir nicht ein gemeinsames Adventssingen? Jetzt treffen wir uns regelmäßig als Gruppe, üben drei- und vierstimmige Lieder ein, haben inzwischen sogar eine nette Pianistin. Das ist herrlich, da kommt man in Weihnachtsstimmung.

Frage: Fällt es Ihnen in Zeiten wie diesen schwerer, unbeschwert Weihnachten zu feiern?

Furtwängler: Es ist ja aber niemandem geholfen, wenn wir in der Ecke sitzen und heulen. Gerade vor dem Hintergrund von Kriegen, Klimawandel und Artensterben kann es uns nur helfen, innezuhalten und sich auf das zu besinnen, was das Kostbarste ist, die Liebe, die uns untereinander, aber auch mit unserem Planeten verbindet.

Frage: Sie haben neulich gemeinsam mit Ihrer Tochter Elisabeth eine Studie über Klimawandel und Biodiversität im Fernsehen veröffentlicht. Welche Rolle haben diese Aspekte bei den Dreharbeiten gespielt?

Furtwängler: Wir haben meine Filmtochter ausgestattet mit einem konsumkritischen ökologischen Bewusstsein, haben es aber komödiantisch verpackt. Ich glaube, so kann man Messages am besten verpacken – mit einem Lachen statt mit erhobenem Zeitfinger. Wenn alle stillgestanden hätten und am Ende im Chor postulieren würden: „Jaja, du hast recht, nie wieder Konsum!“, wäre das vermutlich unerträglich. Wir spüren ja trotzdem, dass sie inhaltlich Recht hat.

Frage: Die Berge sind in dem Film allerdings malerisch verschneit, vom Klimawandel ist da nicht viel zu sehen…

Furtwängler: Wir hatten unfassbar großes Glück, weil tatsächlich noch einmal köstlicher, frischer Schnee fiel. Das sind Bilder, die auch mir das Herz höher schlagen lassen, denn ich liebe verschneite Landschaften. Allerdings spielt am Ende eine Szene an einer Kapelle, da war dann plötzlich alles grün statt weiß, und da haben wir tricktechnisch nachgeholfen. In Zukunft würde ich mich da anders entscheiden. Und generell müssen wir uns überlegen, wie wir künftig Geschichten über den Klimawandel erzählen, die auch Mut machen können.

Frage: In letzter Zeit gab es sehr viele dystopische Filme und Serien, die von den apokalyptischen Folgen des Klimawandels erzählten. Dann halten Sie das nicht für den richtigen Weg?

Furtwängler: Man erreicht nicht alle Menschen mit den gleichen Mitteln. Manche Menschen fühlen sich durchaus zum Handeln bewegt, wenn man ihnen sagt, wie krass und grauenvoll alles ist, andere fühlen sich gelähmt. Es darf auf keinen Fall nur über die Dystopie gehen, sondern die Frage ist ja: Wie kommt das Thema in einer romantischen Komödie oder einem Weihnachtsfilm vor – oder in einem „Tatort“?

Frage: Haben Sie schon einen „Tatort“ mit Charlotte Lindholm zu diesen Themen im Auge?

Furtwängler: Ideen habe ich immer viele und ich bin auch an der Entwicklung eines entsprechenden Stoffes, aber die ist leider noch nicht spruchreif. Es geht ja auch darum, wie man diese Dinge miterzählen kann, ohne dass sie im Mittelpunkt stehen. Und wie man ein anderes Bild davon vermitteln kann, was erstrebenswert ist. Früher war ein James Dean, der mit Fluppe im Mundwinkel am schnellen Auto lehnte, der Inbegriff von Coolness. Dann hat man erreicht, dass in Filmen nicht, oder kaum mehr geraucht werden darf. Es mussten also neue Bilder her. Heute steigt der coole Typ vielleicht noch aus dem dicken SUV und erzählt von seiner Privatyacht, die er sich gerade gekauft hat. Es geht darum neue Bilder zu finden für das, was erstrebenswert ist.

Frage: Wie geht es 2024 konkret mit Charlotte Lindholm weiter?

Furtwängler: Es wird auf jeden Fall 2024 einen neuen Fall geben.

(Cornelia Wystrichowski/ski)

Schauspielerin Maria Furtwängler

© Swen Pförtner

Schauspielerin Maria Furtwängler

Zur Person

Maria Furtwängler kam 1966 in München als Tochter der Schauspielerin Katharina Ackermann und des Architekten Bernhard Furtwängler zur Welt, der legendäre Dirigent Wilhelm Furtwängler ist ihr Großonkel. Maria Furtwängler studierte Medizin, promovierte und arbeitete zunächst als Ärztin, ehe sie sich 2001 für den Schauspielberuf entschied und unter anderem in den Historienepen „Die Flucht“ oder „Schicksalsjahre“ zu sehen war. Seit 2002 verkörpert sie die „Tatort“-Kommissar Charlotte Lindholm aus Niedersachen. 1991 heiratete Lindholm den Verleger und Milliardär Hubert Burda, die beiden haben zwei Kinder. 2022 gab das Paar seine Trennung bekannt. Maria Furtwängler lebt in München.

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Erstellt:
13.12.2023, 13:45 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 34sec

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