„Der Alltag ist meine Nische“
Herr Sträter, worum geht es in Ihrer neuen Show „Sträters Problemzonen“?
Zunächst einmal: Die neue Sendung ist mit dem Hinweis an mich herangetragen worden, dass das gar nicht so viel Arbeit wäre, was schon mal nicht stimmt. Das war eine glatte Lüge. Aber die Show macht mir trotzdem viel Freude, denn es geht um Probleme, die wir alle haben. Die haben keineswegs immer mit Geld oder Gesundheit zu tun, es gibt da die unterschiedlichsten Themen – und das besprechen meine Gäste und ich in der Sendung. Möglichst lustig, aber auch mit einem gewissen Erkenntniswert für den Zuschauer. Ich kann in der neuen Show albern, nachdenklich und auch pseudophilosophisch sein, einfach herrlich.
Welche Themenfelder sind denn für Ihren Humor am ergiebigsten?
Ganz einfach der ganz normale bürgerliche Alltag, den ich ja auch habe. Also viel mehr als das große weltpolitische Geschehen. Denn jedes Mal, wenn ich versuche, die Weltpolitik zu durchdringen, ist Max Uthoff schon wieder fertig damit, und zwar besser. Ich persönlich sehe meinen Kleinstauftrag darin, den Zuschauern alles Schreckliche über Einwegservietten nahe zu bringen oder über Tupperdosen, die spannender sind, als man vielleicht glaubt. Der Alltag ist meine Nische, und es ist doch völlig klar, dass es wenig Besseres gibt als gutaussehende Sonnenschirmständer und wenig Schlimmeres, als in Kassel seinen Anschlusszug zu verpassen. Das ist meine Botschaft.
Sie haben Herrenschneider gelernt und als Handyverkäufer gearbeitet. Ist das eine gute Schule für einen Komiker?
Absolut. Es ist immer gut, ein Handwerk gelernt zu haben, und wenn Sie mal im Verkauf gearbeitet haben, dann wissen Sie, wie man auf Leute einredet – das kommt mir heute natürlich zugute. Wenn man mal einen Kunden zugetextet hat, der ein schnurloses Telefon braucht, dann hat man auch keine Hemmungen, vor Tausenden Leuten zu reden. Das war damals schon eine gute Schule. Ich war mit großem Erfolg bei verschiedenen Arbeitgebern im Verkauf, das hat viel Spaß gemacht.
Haben Sie das Schneiderhandwerk noch drauf?
Zum Teil ja, ich kann mir zum Beispiel selbst meine Hosen kürzen, ich kann auch andere Änderungen an meiner Kleidung vornehmen. Ich kann natürlich Knöpfe annähen, ich bin aber auch in der Lage, Knopflöcher zu machen. Braucht eigentlich niemand mehr, aber ich kann‘s. Ich kann mir auch eine Hose nähen, ich verfüge über eine ziemlich gute Nähmaschine. Aber warum sollte ich das tun? Es beginnt ja schon damit, dass man heutzutage keinen guten Stoffladen mehr findet, der einem einen anständigen Stoff verkauft.
Der modische Typ sind Sie ja eher nicht, Sie treten am liebsten ganz in Schwarz auf…
Weil das am besten für meine Silhouette ist. Auf ein paar Details achte ich aber schon: Mein Jackett muss die richtige Länge haben, damit ich nicht aussehe wie eine sprechende Handpuppe. Und die Hose muss locker fallen, ich bin weder ein Freund von Ballonhosen noch von Skinny-Jeans. Außerdem muss das Material wertig sein, der Rest ist mir schnuppe.
Schwarz macht angeblich schlank.
Aber nur, wenn man sich in einer mondlosen Nacht in die Garage stellt. Ansonsten ist man in Schwarz genauso dick wie in Bunt.
Stimmt es, dass Sie sogar mal im Gefängnis waren?
Das stimmt, wenn auch nur für ein paar Stunden. Das war 1987, ich hatte einen Strafzettel nicht bezahlt, der gärte da so längere Zeit vor sich hin. Plötzlich gab es dann einen Haftbefehl, und ich bekam Post von der Polizei, dass ich mal zur Klärung des Sachverhalts auf dem Revier erscheinen müsse. Was ich dann, doof wie ich war, auch gemacht habe. Schwerer Fehler, die haben mich gleich in den Knast in der Dortmunder Innenstadt gesteckt, weil ich die 286 Mark nicht hatte. Ich hab’ sofort die Krise gekriegt und in der JVA einen Seelsorger angefordert, der dann auch mit mir gesprochen hat. Zum Glück ist dann irgendwann mein Onkel aufgetaucht, hat die Kohle auf den Tisch gelegt und meinem Knastelend ein Ende bereitet. Es war am Freitagabend, und wäre er nicht gekommen, hätte ich übers ganze Wochenende dableiben müssen.
War‘s wirklich so schlimm?
Knast ist unerträglich, und deshalb bin ich mittlerweile auch völlig davon abgekommen, Kapitalverbrechen zu begehen. Ich will unter gar keinen Umständen mehr ins Gefängnis. Schon die paar Stunden, die ich drin war, haben mir damals mehr zugesetzt, als ich dachte.
Sie treten vor vollen Hallen auf und sind im Fernsehen erfolgreich, jetzt haben Sie mit der vom WDR produzierten Sendung „Sträters Problemzonen“ sogar eine neue Show am Start. Geldprobleme dürften Sie heute ja wohl nicht mehr haben…
Stimmt, ich verdiene viel, das wird aber alles dankenswerterweise vom Finanzamt Recklinghausen regelmäßig abgefedert. Ich werde jedenfalls einen Teil des erwirtschafteten Geldes nach meinem Ableben gleichmäßig unter meiner Familie verteilen, mit dem Rest soll eine Stiftung zur Erhaltung meines Wortschatzes gegründet werden.
Gönnen Sie sich selber keinen Luxus?
Nö, der einzige Luxus, den ich mir gönne, sind Interviews wie dieses, und ab und zu mal eine Fernreise, wenn ich dazu komme. Also eher selten. Ich besitze kein Segelboot und auch kein U-Boot, bin luxustechnisch also nicht wirklich ausgestattet.
Teure Uhren und Autos haben es Ihnen nicht angetan?
Ich besitze zwar zwei teure Uhren, weil ich mir mal eingebildet habe, dass mich das zu einem besseren Menschen macht, vor allem im Handgelenksbereich. Dann musste ich aber feststellen, dass sich diese Hoffnung nicht erfüllt, und deshalb kaufe ich mir jetzt lieber für dreistellige Beträge Vintage-Uhren, wenn ich mal einen Wecker brauche. Die erfüllen ihren Zweck genauso gut wie eine Luxusuhr.

© Bild: WDR/Melanie Grande
In der ersten Ausgabe seiner neuen Send zu zu Gast bei Torsten Sträter: Moderatorin Katrin Bauerfeind.

© WDR/Marvin Ruppert
Torsten Sträter
Zur Person
Torsten Sträter wurde 1966 in Dortmund geboren, absolvierte eine Ausbildung zum Herrenschneider und arbeitete in verschiedenen Berufen. Nach Feierabend schrieb Sträter lustige Kurzgeschichten, beteiligte sich an Poetry-Slams und hatte erste Auftritte im Fernsehen, seit ein paar Jahren ist der Mann mit der Mütze nicht mehr aus der deutschen Comedyszene wegzudenken.
Seit 2020 präsentiert Sträter im Ersten seine Comedy-Talkshow „Sträter“ und ist an der Seite von Olaf Schubert und Johann König auch in der ARD-Comedysendung „Gipfeltreffen“ zu sehen.
Der 59-Jährige, der einen Sohn hat und in Waltrop im Ruhrgebiet lebt, litt früher an einer depressiven Erkrankung und ist seit 2018 Schirmherr der Deutschen Depressionsliga.