Wenn kein Straftäter mehr ins Gefängnis muss

Wenn kein Straftäter mehr ins Gefängnis muss

Utopie oder Albtraum? In einer Großstadt im Ruhrgebiet werden im Rahmen eines Pilotprojekts hunderte Straftäter aus dem Knast entlassen – darunter Räuber, Totschläger, Pädophile. Eine ARD-Serie spielt diese Idee durch.

Eine Welt ohne Knast

Fernsehserie „A Better Place“ beleuchtet die Idee aus verschiedenen Perspektiven

Die von hehren Idealen motivierten Chefdenker hinter dem sozialen Experiment wollen das System von Verbrechen und Strafe abschaffen, setzen stattdessen auf Resozialisierung und Prävention, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen. „A Better Place“ heißt denn auch die sozialkritische Serie, in der den verantwortlichen Politikern ihr wohlmeinendes Projekt zwar auf die Füße fällt, die dem Publikum aber viele Denkanstöße gibt.

An dem Tag, an dem sich die Gefängnistore öffnen und hunderte Gefangene mit Hilfe von Therapien und Betreuung in die Gesellschaft eingegliedert werden sollen, herrscht im Team des Projekts „Trust“ Partystimmung. Zu den Freigelassenen zählt der reumütige Nader (Youness Aabbaz), der wegen eines brutalen Überfalls hinter Gittern war und jetzt eine Ausbildung als Autoverkäufer beginnt. Kann der 20-Jährige wirklich ein neues Leben anfangen oder wird er wieder in das abgründige Milieu hineingezogen, dem er entfliehen will? Seine kriminelle Schwester glaubt, sie sei dank „Trust“ immun gegen Haftstrafen und nutzt das als Freifahrtschein, um Juweliere auszurauben.

Wie soll die Gesellschaft mit Kriminellen umgehen?

Eine Schlüsselfigur der Serie ist Nesrin Gül (Alev Irmak), deren kleiner Sohn vom rechtsradikalen Klaus Bäumer (Richard Sammel) zu Tode geprügelt wurde. Als der Mörder auf freien Fuß kommt, wird Nesrin zur wütenden Aktivistin gegen „Trust“ – dabei wirft die Serie die Frage auf, ob Rache der Mutter wirklich gegen ihren Schmerz helfen kann. Als Nesrin sich die streng geheime Liste mit Namen, Strafakte und Adressen der Haftentlassenen verschafft und an die Presse durchsteckt, läuft die Öffentlichkeit Sturm. Das Pilotprojekt scheint zum Scheitern verurteilt.

Wie soll die Gesellschaft mit Kriminellen umgehen? Ist eine Haftstrafe die beste Lösung für alle? Die Kriminologin Petra Schach (Maria Hofstätter) leitet das umstrittene Projekt – sie glaubt, dass Haftstrafen als Mittel von Resozialisierung oder Abschreckung nicht funktionieren. Vielmehr müssten die Bedingungen geändert werden, in denen Gewalt entsteht. Die Idealistin ist entflammt für ihr revolutionäres Projekt, die Sorgen und Nöte der Menschen tut sie mit glatten Sprüchen ab.

Serie kommt ohne Stars aus

Wie ein klassischer Themenfilm buchstabiert die Serie das Pro und Contra einer Welt ohne Gefängnisse am Beispiel von Betroffenen durch. Freigelassene Täter, verängstigte Opfer, wütende Angehörige, Politiker wie Rheinstadts Bürgermeister Amir Kaan (Steven Sowah): Die Serie kommt ohne Stars aus. Ausnahme: Katharina Schüttler als Sozialarbeiterin Eva, die selber für „Trust“ arbeitet, doch als Ehefrau eines Ex-Häftlings ihrem eigenen Mann misstraut. Die Schauspielerin hat sich eingehend mit der Thematik der Serie befasst und findet, man müsse das Strafsystem radikal hinterfragen: „Gefängnisse sind Orte der Strafe, die selten dazu führen, dass Menschen aus ihren Taten lernen. Im Gegenteil: Viele rutschen noch tiefer in die Kriminalität. Ich glaube, was unsere Gesellschaft braucht, ist Vergebung.“

A better Place“ startet am Mittwoch, 22. Januar, um 20.15 Uhr in der ARD. (oer)

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Erstellt:
21.01.2025, 11:05 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 28sec

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