Das halbtauchfähige Schwerlastschiff „Hua Rui Long“ bei geöffneter Deckstruktur auf See, bereit zur Aufnahme eines großen Objekts; mehrere Schlepper unterstützen das Manöver.

Die „Hua Rui Long“ von Cosco Shipping Heavy Transport ist das drittgrößte halbtauchfähige Schwertransportschiff der Welt – und damit eines der wenigen Schiffe, die die über 43.000 Tonnen schwere „Northern Endeavour“ nach Dänemark transportieren können.

Foto: Guangzhou-Salvage

Kreuzfahrt & Schiffe

Marodes Ölschiff reist zum Verschrotten extra nach Europa - Aktion sorgt für Ärger

12. Juli 2025 // 18:00

Ein marodes Ölschiff, ein chinesisches Spezialschiff und politische Kritik: Die „Northern Endeavour“ reist zur Verschrottung nach Europa – sehr zum Ärger australischer Gewerkschaften.

Die australische Regierung hat entschieden, das schwimmende Produktions-, Lager- und Entladeschiff (FPSO) „Northern Endeavour“ nach Europa zu überführen und dort fachgerecht verschrotten zu lassen. Der Schritt löste heftige Kritik der australischen Gewerkschaften aus, die einen Verstoß gegen die industriepolitischen Ziele des Landes beklagen.

Seit Februar 2020 ist die australische Regierung Eigentümerin des 274 Meter langen und 50 Meter breiten FPSO, nachdem der frühere Betreiber, Northern Oil & Gas Australia, liquidiert worden war. Die Produktion war bereits im Jahr zuvor eingestellt worden. Die „Northern Endeavour“ wurde 1999 für den Dauereinsatz zwischen den Offshore-Feldern Laminaria und Corallina in der Timorsee gebaut, rund 550 Kilometer nordwestlich von Darwin. Seit 2019 ist sie außer Betrieb.

Schwerlastschiff „Hua Rui Long“ übernimmt Transport

Aufgrund von Größe und baulichem Zustand der Plattform beauftragte die Regierung das chinesische Schwergutschiff „Hua Rui Long“ mit dem Transport zur Werft in Frederikshavn (Dänemark). Das 252 Meter lange Spezialschiff gehört zur DP-2-Klasse von Cosco Shipping Heavy Transport und ist eines der größten halbtauchfähigen Schwerlastschiffe weltweit. Die „Northern Endeavour“ ist zu groß, um in Australien verschrottet zu werden – dort fehlen geeignete Anlagen.

Das halbtauchfähige Schwerlastschiff „Hua Rui Long“ auf See bei Sonnenuntergang, mit geöffnetem Deck und bereit zur Aufnahme eines Großtransports; ruhig liegendes Wasser und Inseln am Horizont.

Sowohl beim 17.000 Seemeilen langen Transport mit der „Hua Rui Long“ als auch beim Schiffsrecycling in Dänemark setzt die australische Regierung auf ausländische Auftragnehmer.

Foto: Guangzhou-Salvage

Die Verschrottung übernimmt die europäische Niederlassung der Modern American Recycling Services (MARS). Ein wichtiger Grund für die Australier: Das Unternehmen erfüllt die Anforderungen der Schiffsrecyclingverordnung der Europäischen Union, deren Ziel die Verhinderung, Reduzierung und Minimierung von Unfällen, Verletzungen und anderen negativen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und die Umwelt beim Recycling von Schiffen ist. MARS hat in fünf Jahrzehnten fast 10 Millionen Tonnen Offshore-Öl- und Gasstrukturen verarbeitet.

Gewerkschaften kritisieren Entscheidung der Regierung

Die Maritime Union of Australia (MUA) und die Australian Workers' Union hatten sich vehement gegen die Auslagerung des Recyclings ins Ausland ausgesprochen. Sie forderten, dass das Projekt Teil der Agenda „Future Made in Australia“ werde – als Impuls für eine lokale grüne Metallindustrie. „Dies hätte der Grundstein für eine neue Ära der grünen Produktion in Australien sein sollen“, sagte Thomas Mayo von der MUA. „Wir sollten den Stahl in einen australischen Lichtbogenofen einspeisen und ihn nicht auf einem Schiff unter ausländischer Flagge nach Skandinavien verschiffen.“

Die Regierung verteidigte die Entscheidung mit der fehlenden Infrastruktur vor Ort und der Dringlichkeit des Vorhabens. Das Schiff sei in schlechtem Zustand und müsse zeitnah recycelt werden. Der Vorschlag von MARS habe neben Sicherheit und Umweltschutz auch Pünktlichkeit und Wirtschaftlichkeit gewährleistet. Die Verschrottung mache zudem weniger als zwei Prozent der Gesamtkosten des Stilllegungsprogramms in Höhe von 850 Millionen Australischen Dollar aus. Für die heimischen Firmen bestünden weiterhin umfangreiche Beteiligungsmöglichkeiten, unter anderem bei der dauerhaften Verschließung der Bohrlöcher und der Entfernung der verbleibenden Unterwasserinfrastruktur. (ce/mcw/dm)