
Einfach mal auf dem Sofa liegen und chillen tut gut.
Foto: Erik Reis - IKOstudio
Vom Lob des Faulseins
„Einfach mal nichts tun, das fällt vielen Menschen schwer. Dabei ist das gepflegte Chillen nicht nur gesund, sondern macht auch kreativ“, sagt Dr. Dieter Bonitz, Diplom-Psychologe im AOK-Bundesverband.
„Was machst du da?“, fragt die Frau ihren Mann in Loriots Sketch „Der Feierabend“. „Nichts“, antwortet der Mann – und die Frau kann es nicht glauben. „Überhaupt nichts?“ Antwort: „Nein, ich sitze hier.“ Der Auftakt eines Dialogs, der immer absurder wird, weil die Frau ihren Mann nicht einfach nur sitzen lassen kann. Schließlich ist Nichtstun verpönt.
Doch Philosophen, Psychologen und Mediziner wissen es schon lange: „Die Seele braucht Auszeiten, um gesund zu bleiben“, sagt Dr. Dieter Bonitz, Diplom-Psychologe im AOK-Bundesverband. „Und das Gehirn braucht Ruhepausen, um gut funktionieren zu können.“ Das gilt besonders für das digitale Zeitalter, in dem jeder einem endlosen Strom von Informationen ausgesetzt ist und permanent erreichbar sein soll.
Zeitdruck und Hetze
Immer mehr Menschen fühlen sich gestresst, klagen über Zeitdruck und Hetze, arbeiten auch am Wochenende oder gar im Urlaub, wie Studien zeigen. So ergab eine Umfrage der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) von 2016, dass etwa jeder zehnte Beschäftigte in Deutschland unter Symptomen einer emotionalen Erschöpfung litt.
Stress und seelische Probleme liegen dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft zufolge mit aktuell 34,5 Prozent an erster Stelle der Ursachen für Erwerbs- und Berufsunfähigkeit. Aus dem Bekanntenkreis weiß jede und jeder: Nicht wenige Menschen sehnen sich nach Ruhe, packen sich ihre Freizeit aber voll mit Aktivitäten. Nichtstun, das ist für viele schwer auszuhalten.
Chill doch mal
Mut zum Chillen macht der Spruch des chinesischen Philosophen Laotse: „Im Nichtstun bleibt nichts ungetan.“ Denn nur wer „einfach nur sitzt“, wer im Gras oder auf dem Sofa liegt, auf Smartphone, Gespräche oder sonstige Ablenkungen verzichtet, kommt in Kontakt mit sich selbst. „Erst dann haben wir die Zeit, die vielen Eindrücke zu verarbeiten“, sagt Dr. Dieter Bonitz. „Und nur in der Stille können wir reflektieren und uns grundsätzliche Fragen stellen.“ Es kommen vielleicht Erinnerungen hoch, Zukunftsszenarien entstehen.
Gehirn hochaktiv
Neurowissenschaftler haben herausgefunden, dass das Gehirn hochaktiv ist, während Menschen nichts tun. Es knüpfen sich neue Verbindungen zwischen den Nervenzellen, tief gespeichertes, aber unbewusstes Wissen taucht auf, neue Zusammenhänge stellen sich her. So lassen sich auch die plötzlichen Geistesblitze, die Aha-Erlebnisse erklären, die scheinbar aus dem Nichts auftauchen. „Mit etwas Glück überrascht uns eine gute Idee in der Badewanne, beim Fahrradfahren, Spazierengehen oder im Bett. Entspannung ist auch eine Voraussetzung für schöpferische Prozesse“, so Bonitz.
Wem es schwerfällt, dem Müßiggang zu frönen, dem sei ein Meditations- oder Entspannungskurs empfohlen, wie etwa autogenes Training oder Progressive Muskelentspannung. Denn einfach mal abzuschalten, das kann man lernen. Dieter Bonitz: „Die Teilnehmer üben, die Anspannung wahrzunehmen, sich bewusst zu entspannen und Gedanken einfach mal loszulassen.“ (AOK)
Fünf Regeln fürs Faulenzen
• Regelmäßige Pausen einlegen: Es muss nicht alles sofort erledigt werden.
• Bei Fahr- oder Wartezeiten gibt es nichts zu tun! Statt sich zu ärgern, heißt es: tief ein- und ausatmen.
• Feste Zeiten definieren, in denen keine E-Mails oder Nachrichten gecheckt werden.
• Körperliche Bewegung kann helfen, Stresshormone abzubauen. Das schafft eine gute Voraussetzung, um sich entspannen zu können.
• Warum nicht mal einen Tag nichts planen und nur seinem eigenen Rhythmus folgen?
Mehr Infos und Angebote:
Online bietet die AOK allen Interessierten den vierwöchigen Kursus „Stress im Griff“ an.
Der „AOK Gesundheitskanal“ vermittelt auf YouTube Anleitungen für Entspannungsübungen und Achtsamkeitstraining.
An ihre Versicherten wendet sich die AOK Bremen/Bremerhaven mit den Gesundheits- und Entspannungskursen. Versicherte können jährlich zwei Gesundheitskurse kostenlos besuchen. Dafür müssen sie online Gesundheitsgutscheine anfordern.