Im Frühjahr 2023 soll der Abriss des Karstadt-Gebäudes beginnen. Bis Ende des Jahres werden die Arbeiten ausgeschrieben.

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Im Frühjahr 2023 soll der Abriss des Karstadt-Gebäudes beginnen. Bis Ende des Jahres werden die Arbeiten ausgeschrieben.

Für Karstadt-Bebauung fehlt noch der wichtige Hauptinvestor

Für Karstadt-Bebauung fehlt noch der wichtige Hauptinvestor

Bremerhavens Oberbürgermeister Melf Grantz (SPD) äußert sich im Interview mit der NORDSEE-ZEITUNG zur Neugestaltung des Karstadt-Geländes.

Oberbürgermeister Melf Grantz zum Karstadt-Gelände - Bauvolumen von 55 bis 60 Millionen Euro

Die Suche nach einem Hauptinvestor für das Karstadt-Gelände läuft. Oberbürgermeister Melf Grantz (SPD) erläutert im Interview mit Tobia Fischer, was der Investor mitbringen muss und ob die Architektenpläne von Andreas Heller für ihn bindend sind.

Zunächst zum Einfachsten: Bleibt es beim Zeitplan, dass im nächsten Frühjahr der Abriss des Karstadt-Gebäudes beginnt? Ist der Termin zu halten?

Ja, der Zeitplan ist zu halten. Dank der Beschlüsse des Magistrats und der Stadtverordnetenversammlung mit Unterstützung der Koalition aus SPD, CDU und FDP verfügen wir über das notwendige Geld für den Abriss. Wir können die Aufträge ausschreiben. Wir sind gerade dabei, das vorzubereiten.

Das heißt, ab März wird abgerissen?

Bis zum Ende des Jahres erfolgt die Ausschreibung der Arbeiten. Dann wird die Ausschreibung ausgewertet und ob es dann März, April oder Mai wird, bis mit dem Abriss begonnen wird, kann ich jetzt noch nicht genau sagen. Was ich sagen kann: Mit dem Abriss wird im ersten halben Jahr 2023 begonnen.

Bis jetzt ist auch kein Asbest im Gebäude gefunden worden, oder?

Mein Kenntnisstand ist, dass kein Asbest gefunden wurde. Für uns ist das natürlich eine positive Nachricht. Wir hoffen, dass sich das auch beim Abriss bestätigt, weil das die Abrisskosten erheblich geringer hält.

Bis zum Beginn der Abrissarbeiten soll ein Hauptinvestor gefunden werden. Wie kam es dazu, dass nun über die Immobilienfirma Robert C. Spies ein Investor gesucht wird?

Wir sind zunächst davon ausgegangen, dass die Ditzen-Gruppe, die ja dort ein Medienhaus umsetzen will, auch die Projektsteuerung und das Investment tätigen will. Die Ditzen-Gruppe hat dann erklärt, dass sie sich nicht als Projektentwickler von Bauvorhaben versteht, sondern zwei Möglichkeiten sieht: sich entweder als Mitinvestor oder als Anker-Mieter zu beteiligen. Auch die ERWE Immobilien AG mit Karl Ehlerding, der ja jetzt das C&A-Gebäude in der „Bürger“ gehört, sieht sich als reinen Mitinvestor. Von daher suchen wir im Moment einen Projektsteuerer, der gleichzeitig Investor ist.

Was muss der Hauptinvestor mitbringen?

Er muss zunächst die finanziellen Möglichkeiten mitbringen, ein derartiges Invest auch umzusetzen. Das Investment ist allerdings nicht so groß wie viele andere Projekte innerhalb der Bundesrepublik, so dass der Kreis derer, die das tun können, größer ist als oft vermutet. Es muss aber ein erfahrener Entwickler sein, der solche Immobilien in Innenstadtbereichen oder Vergleichbares schon gesteuert, entwickelt und umgesetzt hat. Da erwarten wir entsprechende Referenzen.

Von welcher Summe reden wir konkret? Mit welchem finanziellen Einsatz muss der Hauptinvestor rechnen?

Das Bauvolumen, das vom Architekten Andreas Heller den Investoren als Schätzung genannt wird, liegt bei etwa 55 bis 60 Millionen Euro. Jeder Investor kalkuliert aber auch selbst noch einmal für sich.

Was hören Sie von der Firma Robert C. Spies zum Stand der Suche?

Nach meinen Informationen ist der Makler sehr optimistisch, dass wir spätestens Ende des ersten Quartals nächsten Jahres einen Hauptinvestor präsentieren können, der gleichsam die Projektsteuerung übernimmt.

Inflation, gestiegene Baupreise, gestiegene Energiekosten: Neue Bauprojekte haben es im Moment doch schwer, sie stehen bei Investoren bundesweit auf dem Prüfstand und kommen oft in die Warteschleife. Muss sich die Stadt angesichts der Entwicklung selbst mehr einbringen, um das Projekt in dem Zeitrahmen realisieren zu können. Etwa mehr Kosten übernehmen oder selbst einen Ankermieter stellen?

Das ist aus meiner Sicht die vollkommen falsche Frage - weil die Stadt das schon lange getan hat. Wir haben das Karstadt-Gebäude gekauft. Das ist eine erhebliche Investition. Wir werden das Grundstück natürlich an einen Investor verkaufen. Der Preis wurde in einem Sachverständigen-Gutachten mit 600 Euro pro Quadratmeter bewertet. Dafür bekommt der Investor ein geräumtes Grundstück. Ankauf- und Abrisskosten werden ihm nicht in Rechnung gestellt. Das ist ja eine erhebliche Vorleistung der Stadt Bremerhaven. Daher bleibe ich dabei, dass das Invest ein Privat-Invest sein muss. Wir sind verantwortlich für den öffentlichen Bereich, den Zugang zum Obergeschoss des Columbus-Centers neu zu schaffen und natürlich sind wir auch für die Platzgestaltung zuständig.

Die Pläne des Architekten Andreas Heller wurden in der Gestaltungswerkstatt vergangenen Februar sehr gelobt. Aber wenn nun ein gefundener Hauptinvestor sagen würde, ich investiere, aber nicht mit den vorliegenden Plänen, weil diese ihm vielleicht wirtschaftlich nicht umsetzbar erscheinen. Was dann?

Die Heller-Pläne sind ja öffentlich bekannt, sie sind im Urbanista-Prozess, dem Beteiligungsprozess für Bürgerinnen und Bürger, positiv angenommen worden. Sollte es nicht dazu kommen, dass Investor und Herr Heller zueinanderkommen oder sich die Pläne erheblich verändern, wird es a: wiederum eine Gestaltungswerkstatt zu dem Thema geben und b: natürlich eine weitere öffentliche Beteiligung zur Ausgestaltung des Bereichs.

Das heißt, es ist festgelegt, dass die Bevölkerung, die Stadt und die Politik Einfluss nehmen auf die Art der Bebauung?

Es wurde ein Aufstellungsbeschluss in der Stadtverordnetenversammlung gefasst - und das machen wir sonst so nie -, dass es einen bauvorhabenbezogenen Bebauungsplan geben wird, der genau vorschreibt, wie dieses Gebäude aussehen darf. So dass nicht hinterher die Bürgerinnen und Bürger überrascht werden. Das wird ein mit der Bevölkerung, dem Investor und der Stadt abgestimmter Bebauungsplan werden. Und damit das auch klar ist: Ich erwarte natürlich, dass dieses Gebäude sich CO2-neutral darstellt und auch deutlich macht, wie zukünftiges Bauen im Rahmen des Klimawandels und der Energiekrise aussehen muss.

Der Klimaschutz war auch den Bürgern wichtig. Wichtige Punkte für die Bremerhavener waren auch - mal weg vom Karstadt-Gebäude - der Ausbau der Stadtbibliothek zum Kultur-Treff und dass kleine Parks, dass Sichtachsen entstehen.

Der Magistrat hat gerade beschlossen, die Weiterentwicklung der Stadtbibliothek zu einem Campus für Kultur, Begegnung und Bildung in Angriff zu nehmen. Das gehört zu dem Programm „Innenstadt neu denken“, für das wir vom Bund insgesamt 2,3 Millionen Euro erhalten haben. Insgesamt soll ein Ort entstehen, der nicht nur als Treffpunkt, sondern auch zur Wissensvermittlung, insbesondere für junge Menschen, dient. Auch hier werden wir die Bürgerinnen und Bürger in zwei Zukunftswerkstätten beteiligen. Wir haben dazu am Mittwoch im Magistrat beschlossen, 100.000 Euro in die Hand zu nehmen, 75 Prozent davon trägt der Bund

An welchem Standort entsteht der Campus?

Der Standort ist offen und wird in dem nun kommenden Prozess bewertet und dann entschieden. Aber der Grundsatzbeschluss, die Stadtbibliothek weiterzuentwickeln, ist diese Woche getroffen worden. Der Magistrat hat gleichzeitig einen Beschluss zu den Parkflächen Prager Straße hinter der Großen Kirche getroffen. Auch hier wird ein Konzept erarbeitet, wie man diese Flächen gestaltet. Wir wollen sowohl die Freiflächen an der Columbusstraße als auch die Verkehrsflächen am Parkplatz an der Prager Straße neben der Großen Kirche umgestalten. Dort werden wir jetzt Machbarkeitsstudien in Auftrag geben und eine Bürgerbeteiligung ins Leben rufen, insgesamt investieren wir mehr als eine halbe Millionen Euro, 75 Prozent davon übernimmt auch hier der Bund. Ziel ist, dort neue Begegnungsflächen zu schaffen, die neben mehr Grün auch deutlich mehr Aufenthaltsqualität bieten.

Noch einmal zurück zu Karstadt. Es war immer die Rede davon, dass sich mit dem Kauf des Karstadt-Geländes der Stadt eine einmalige Chance bietet. Haben Sie doch noch Angst, dass aufgrund der wirtschaftlichen Lage ein langjähriger Leerstand zu befürchten ist?

Wir werden alles versuchen, dies zu verhindern. Ich setze auf wieder normalere Zeiten. Ich glaube, dass Außenstehende ganz klar sehen, dass wir es mit der Innenstadtgestaltung sehr ernst meinen. Grundsätzlich bleibe ich zuversichtlich. Aber natürlich kann ich die weiteren Entwicklungen und Auswirkungen des Angriffskriegs auf die Ukraine nicht kalkulieren.

Oberbürgermeister Melf Grantz vor dem ehemaligen Karstadt-Gebäude in der Fußgängerzone.

© Archivfoto Hartmann

Oberbürgermeister Melf Grantz vor dem ehemaligen Karstadt-Gebäude in der Fußgängerzone.

Das Bauvolumen, das vom Architekten Andreas Heller den Investoren als Schätzung genannt wird, liegt bei etwa 55 bis 60 Millionen Euro.
Oberbürgermeister Melf Grantz

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Erstellt:
28.10.2022, 14:29 Uhr
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