Wochenlang suchten die Polizei und auch freiwillige Helfer nach der 32-Jährigen.

© Lothar Scheschonka

Wochenlang suchten die Polizei und auch freiwillige Helfer nach der 32-Jährigen.

Ekaterina B.: Als ihr Liebhaber schreibt, ist sie schon lange tot

Vor dem Landgericht in Bremen geht der Prozess um den Mord an Ekaterina B. weiter. Die Polizei hat Handynachrichten ausgewertet.

Ekaterina B.: Chat mit Freund

Polizei wertet Nachrichten auf dem Handy und Computer des Mordopfers aus

Es ist von Liebe die Rede. Die Polizei hat über Wochen den Chat von Mordopfer Ekaterina B. mit ihrem Geliebten in Russland ausgewertet. Daraus geht hervor: Stunden vor ihrem Tod soll die Frau so gut gelaunt und fröhlich gewesen sein wie lange nicht.

Tag fünf vor dem Schwurgericht in Bremen, das die Tat untersucht. Die Richter hatten eine Nachbarin aus der Wulsdorfer Wohnstraße vorgeladen, um sie zu dem Verschwinden der 32-Jährigen Anfang Februar zu befragen und welchen Eindruck sie von der Familie hatte. Aber die Zeugin erschien nicht, weshalb sie nun damit rechnen muss, eine Strafe von 200 Euro zu bezahlen oder vier Tage in Ordnungshaft abzusitzen.

Denn wer in einem Gerichtsprozess als Zeuge vernommen werden soll, kann nicht einfach fernbleiben. Die Richter weisen alle Zeugen auch darauf hin, dass sie zur Wahrheit verpflichtet sind, andernfalls könnten sie für eine Falschaussage belangt werden. Nur Angeklagte dürften sogar straffrei lügen, um sich zu verteidigen.

Ausgesagt haben zwei Beamte der Schutzpolizei, die im Februar in die „MoKo Ekaterina“ berufen wurden, weil sie russisch sprechen. Die beiden Beamten werteten über Wochen Chats von Ekaterina B. aus, lasen auf dem Handy des Tatverdächtigen mit, sahen sich von ihm gelöschte und von der Kripo trotzdem rekonstruierte Videos an, schrieben und telefonierten mit Zeugen in St. Petersburg und im fernen Sibirien mit dem Liebhaber der Frau.

Ekaterina stand in engem Austausch mit ihrer Mutter und ihrem Bruder

Bis Ekaterina B. am Abend des 4. Februar verschwand, gab es kaum einen Tag, an dem sie nicht mit ihrer Mutter telefoniert oder ihr geschrieben hatte. Und auch mit ihrem Bruder soll sie in engem Austausch gestanden haben, der der Kripo schließlich einen wichtigen Kontakt vermittelte: Zu einem gewissen Alexander aus der sibirischen Stadt Omsk, mit dem sich Ekaterina B. erst wenige Wochen vor ihrem Tod bei einem Besuch in der Heimat auf eine Affäre eingelassen hatte.

Der Pilot der russischen Luftwaffe habe sich angesichts des gerade begonnenen Ukraine-Krieges erst geweigert, der deutschen Polizei zu helfen, erinnerte sich die Polizistin. „Er hat erst nach zwei Wochen geredet.“ Aber der Mann war es schließlich, mit dessen Hilfe die Kripo ein immer präziseres Bild von den mutmaßlich letzten Stunden im Leben der Frau zeichnen konnte. Er stellte der Mordkommission seinen kompletten WhatsApp-Chat mit Ekaterina B. zur Verfügung.

Es ist von Liebe die Rede

Er nannte sie „mein Hase“, sie schickte Kuss-Emojis. Ekaterina B. und der russische Pilot hatten sich den ganzen Tag über Fotos, Text- und Sprachnachrichten hin- und hergeschickt, sich auch bei mehreren Videoanrufen gesehen. Sie hat alkoholfreien Kinderpunsch gekocht, Löcher in einer Hose gestopft. „Ich liebe Dich...“ heißt es in einer Nachricht. „Du bist toll, wunderschön, entzückend, atemberaubend“, schrieb er.

In ihrem letzten Videoanruf sei Ekaterina B. auffallend gut gelaunt und fröhlich gewesen, berichtete der Pilot der Polizei. Sie soll schon einen Pyjama getragen haben. Ekaterina B. schickte ihrer Mutter noch ein Foto, das ein Pferd mit grünen Beinen zeigt. Es ist gebastelt aus Bügelperlen, von ihr und der fünf Jahre alten Tochter. Um 19.41 Uhr ist die 32-Jährige zuletzt online, zeigt ihr Handy an.

Von ihrem Computer ruft sie „Alex“ um 20.25 Uhr an, die kleine Tochter nun ins Bett zu bringen und danach wieder anzurufen. „Wie weit bist Du?“ schreibt Alex zwei Stunden später – und dann: „Eine ruhige Nacht“. Er kann erkennen, dass seine Nachrichten nicht gelesen wurden. „Mach die Augen auf“, schreibt Alex am nächsten Morgen. Ekaterina B. ist da schon seit Stunden tot.

Die Polizisten haben auch Chats des Angeklagten mit seiner Mutter ausgewertet. Was Sie dabei stutzen ließ, das lesen Sie am Mittwoch hier.