Geier landet in Zwischenahn
In dem Kurort wurde der geschwächte Jungvogel in einem Gebüsch am Straßenrand aufgegriffen. Derzeit wird er in der Wildtierstation in Rastede aufgepäppelt, bevor es dorthin zurückgeht, wo er hergekommen ist: in den Nationalpark Berchtesgaden.
Die Verwaltung des Nationalparks und der Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) in Bayern freuen sich auf die Rückkehr von Vinzenz. Der 2024 im Nationalpark ausgewilderte Bartgeier hat einen spektakulären Ausflug hinter sich: Nach einer über 1.600 Kilometer langen Reise durch Bayern, Westdeutschland und die Niederlande konnte er jetzt in Bad Zwischenahn eingefangen werden.
Da der eigentliche Lebensraum der Bartgeier das Hochgebirge ist, verirren sich die riesigen Vögel nur selten in flachere Regionen. Vinzenz hat bei seinem ausgedehnten Streifzug rund zehn Prozent seines Körpergewichts verloren, befindet sich aber in stabiler Verfassung und wird nun erst mal in der auf Greifvögel spezialisierten Auffangstation in Rastede versorgt.
Bartgeier waren in den Alpen ausgerottet. Die Menschen hatten Angst vor dem großen Vogel, unterstellten ihm, Lämmer und auch kleine Kinder zu rauben. Alles Unsinn. Bartgeier sind Aasfresser, ernähren sich überwiegend von Knochen toter Tiere.
Auswilderung im Nationalpark seit 2021
Seit Mitte der 1980er Jahre werden die großen Geier in den Alpen wieder angesiedelt. Seit 2021 beteiligt sich der Nationalpark Berchtesgaden an diesem Programm. Jedes Jahr werden dort zwei junge Bartgeier in einer Felsnische nahe des Ortes Ramsau ausgewildert. Die Vögel stammen aus internationalen Zuchtprogrammen. Die jungen Geier werden von Mitarbeitern des Nationalparks gefüttert. Nach einigen Wochen verlassen sie die Felsnische und erkunden die Umgebung, bis sie eines Tages aufbrechen und den Nationalpark verlassen. Inzwischen leben im gesamten Alpenraum wieder rund 300 Bartgeier.
Von den bisher zehn im Nationalpark Berchtesgaden ausgewilderten jungen Bartgeiern ist es das Projektteam eher gewöhnt, dass die Greifvögel teils ausgedehnte Ausflüge in andere Alpenregionen wie die Schweiz, Italien oder Österreich unternehmen. „Dass ein kleiner Teil der jungen Bartgeier gelegentlich weite Ausflüge nach Norden unternimmt, ist zwar bekannt, aber natürlich wird man schon leicht nervös, wenn man plötzlich zum ersten Mal solche GPS-Daten eines besenderten Vogels aus dem eigenen Projekt erhält“, berichtet LBV-Projektleiter Toni Wegscheider.
Über die Niederlande ins Oldenburger Land
Nachdem Vinzenz am Freitag von der Bergregion um Garmisch zunächst in die Oberpfalz geflogen war, ging es für ihn weiter bis in die Niederlande. Zahlreiche Vogelkundler dokumentierten dort seine Rastplätze. Teils versammelten sich Dutzende Birdwatcher gleichzeitig an den Bäumen, auf denen Vinzenz seine Pausen auf dem Weg über Groningen bis an die Nordseeküste einlegte.
Bei Emden überquerte Vinzenz die Grenze zurück nach Deutschland und landete in Bad Zwischenahn direkt an einer Landstraße. Da seine Position über den GPS-Tracker genau bekannt war und der Vogel bereits seit Tagen von ehrenamtlichen Helfern des Bartgeierprojekts im Auto verfolgt wurde, haben die Vogelschützer die Gelegenheit genutzt, um den nach seiner langen Reise entkräfteten Vogel in einem dichten Gebüsch an einer Straße einzufangen.

© Peter Kneffel
Seit 2021 werden im Nationalpark Berchtesgaden in den bayerischen Alpen jährlich zwei junge Bartgeier ausgewildert.