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Ortsbegehung mit Bürgern, Interessengemeinschaft und Naturschutzbund im Reinkenheider Forst. Im Bild: Nabu-Vertreter So¨nke Hofmann (Mitte) sprach mit den Anwohnern.
Schlagabtausch um den Forst
Es gibt keinen endgültigen Schutz für den Wald. Bürgerinitiative und Naturschützer in Bremerhaven sind auf dem Baum: Immer noch kann die Stadt ein Stück des Reinkenheider Forstes verkaufen. Doch das ist nicht die einzige Angst der Waldschützer.
Seit das Bundesverfassungsgericht diese Woche das „ausnahmslose Verbot von Windenergieanlagen in Waldgebieten“ in Thüringen aufgehoben hat, schrillen bei den Naturfreunden die Alarmglocken lauter denn je. „Unter dem enormen politischen Druck, energetisch auf Windkraft umzustellen, ist unser Wald nicht sicher“, betont Sönke Hofmann, Geschäftsführer des NABU-Landesverbandes Bremen. „Mit einem Federstrich des Gesetzgebers wäre das noch im Land Bremen geltende Verbot, Wald für Windkraftanlagen zu opfern, vom Tisch.“ Der Naturschützer und Förster kommt sich am Freitag fast in die Wolle mit der Leitung des Gartenbauamtes. Denn auf Einladung des Vereins Grüner Kreis haben sich Vertreter von NABU, Stadtverwaltung, Waldgenossenschaft, Reitclub, der neuen Bürgerinitiative und weiteren Interessensgruppen zur Forstbegehung getroffen.
Tauziehen zwischen Gartenbauamt und NABU um den Wald als Ausgleichsfläche
Der NABU erhält, bestätigt Hofmann, sein Angebot aufrecht, den Wald zu einem Preis von rund 1,80 Euro pro Quadratmeter zu erwerben und, so Hofmann, „langfristig ökologisch weiterzuentwickeln“. Nach der Berichterstattung der NORDSEE-ZEITUNG und Protesten der Bürger hat die Stadt den Verkauf der städtischen 23 Hektar gestoppt, aber nicht endgültig aufgehoben.
Es gibt in einigen Hinterköpfen Interesse, den Forst stückchenweise für Wohnbebauung zu verkaufen.“
Für den technischen Leiter des Gartenbauamtes ist ein Verkauf keine Option. „Für langfristige Strategien zum Weiterentwickeln als Naherholungsgebiet muss der Wald in der Hand der Kommune bleiben“, betont Thomas Reinicke, „diesen Handlungsspielraum gäben wir aus der Hand für den Verkauf an welchen Bieter oder Verein auch immer.“ Er sehe „große Potenziale, das Gebiet zukunftsfähig als Naherholungsareal zu entwickeln, in Hinblick auf künftige Kompensationsflächen, laut Waldbehörde sind die Bestände dafür geeignet“. Bislang müsse die Stadt als Ersatz für Flächenversiegelungen auch auf Flächen im Landkreis zugreifen, über Kauf oder Ablösung mittels einer Stiftung. NABU-Chef Hofmann kontert: „Den Forst so aufzuwerten, dass er die Ansprüche an Ausgleichsflächen erfüllt, ist nicht zu machen, der Wald ist zu jung. Das wäre nur ein Mehrwert auf dem Papier.“ Reinicke: „Sprechen Sie doch nicht dagegen, als Ausgleichsfläche wäre der Forst ein echtes Argument gegen einen Verkauf.“ Er frage sich, so Hofmann, weshalb der Beschluss - gefasst 2017 aus einer Haushaltsnotlage heraus, „um die Finanzsenatorin in Bremen milde zu stimmen“ - jetzt ohne Notlage „aus der Versenkung geholt wurde?“ Die Frage bleibt in der Herbstluft hängen.

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Für Wilfried Töpfer vom Grünen Kreis ist klar: „Ob er verkauft oder, wie ein Bieter vorschlägt, als Friedwald genutzt würde, es hat in jedem Fall Auswirkungen auf das Kleinklima unserer Stadt.“
Und Windkraftanlagen? Sönke Hofmann warnt eindringlich: „Eine Riesenschneise zu schlagen, Fundamente zu bauen - das hat erhebliche Störauswirkungen, auch auf die Tiere.“
Joachim Falke, zweiter Vorsitzender der neuen Bürgerinitiative, sorgt noch ein anderes Damoklesschwert: „Zu sehen, wie die Bebauung dem Forst immer dichter rückt, da kann man sich vorstellen, dass politisches Interesse besteht, den Wald stückweise zu verkaufen, um Bauland auszuweisen.“
Reinkenheider Forst: Die Proteste gehen weiter
Joachim Falke, Mitgründer der Bürgerinitiative, fürchtet, die Stadt könnte am Verkaufsbeschluss gegen alle Widerstände festhalten.
Joachim Falke, Bürgerinitiative

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Die Diskussionen um den Reinkenheider Forst werden immer wieder neu befeuert: Bürgerinitiative, Grüner Kreis, Anwohner, Magistratsvertreter und Naturschutzbund arbeiten sich mitten im betroffenen Waldgebiet am aktuellen Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu Windkraft-Anlagen im Wald und an der Frage nach ökologischen Ausgleichsflächen ab.