Standortbestimmung für die Probenentnahme am Schierloh-Strand in Brake: Franco Pasolini, Meinolf Leifert und Dr. Bruno Walther (von links) bei den Vorbereitungen.

© Kerstin Seeland

Standortbestimmung für die Probenentnahme am Schierloh-Strand in Brake: Franco Pasolini, Meinolf Leifert und Dr. Bruno Walther (von links) bei den Vorbereitungen.

Plastik-Detektive auf Spurensuche an zwei Weserstränden

Kleinere Müllteilchen im Meer, insbesondere Mikroplastik, werden bisher nicht dokumentiert. Das AWI will diese Lücke mit einem Projekt schließen.

Plastikdetektive am Strand

BUND hilft Forschern des Alfred-Wegener-Instituts bei Mikroplastik-Projekt

Oft werden Plastik- und Kunststoffprodukte achtlos in der Natur entsorgt. Auch ins Meer. Plastikmüll ist überall an Küsten zu finden. Doch wie viele kleinste Kunststoffkrümel und -fasern liegen an Stränden wie in Brake oder Kleinensiel?

Hier setzt das Projekt „Mikroplastik-Detektive“ an. Forscher des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in Bremerhaven wollen herausfinden, wie hoch die Belastung der Strände mit Mikro- und Mesoplastik ist. Daher wird an Stränden der Nord- und auch der Ostsee nun „gefahndet“. Denn: Kleinere Müllteilchen, insbesondere Mesoplastik und Mikroplastik werden bisher nicht dokumentiert. Darum gibt es nur wenige wissenschaftlich erhobene Daten zu deren Menge entlang der Nord- und Ostseeküste. Diese Lücke will das AWI mit dem Projekt schließen.

Partikel in der Nahrungskette

Das Plastik hat die Eigenschaft, sich nach und nach in immer kleinere Partikel zu zersetzen, die oftmals mit dem bloßen Auge nicht leicht zu erkennen sind. Dennoch nehmen Tiere in der Natur diese Partikel in größerer Anzahl auf - auch marine Arten wie Muscheln und Krebse. So gelangen diese Kleinstpartikel in diverse Nahrungsketten.

Auch an deutschen Stränden ist die Verschmutzung bekannt. Wie genau die tatsächliche Verschmutzung an den Stränden aussieht, will das AWI in diesem Projekt untersuchen. Mithilfe von engagierten Bürgerinnen und Bürgern, den sogenannten „Mikroplastikdetektiven“ will das AWI dies herausfinden. Das AWI in Bremerhaven hat im September 2021 das Projekt „Mikroplastikdetektive“ ins Leben gerufen. Noch bis Ende November 2022 werden Proben genommen.

Dabei bekamen die Forscher jetzt aktuell Unterstützung von der BUND-Kreisgruppe Wesermarsch. Am Sonntag haben Mitglieder der Kreisgruppe am Schierloh-Strand in Brake und am Strand in Kleinensiel Sandproben entnommen, die dann in Bremerhaven analysiert werden. Hartmut Backhaus, Vorsitzender der Kreisgruppe, sowie Petra und Meinolf Leifert trafen sich dafür mit Dr. Bruno Walther und seinem Praktikanten Franco Pasolini vom AWI vor Ort an den Stränden.

Je 20 Proben an zwei Stränden

Die Sandproben werden nach einem Zufallsprinzip, aber dennoch wissenschaftlich ermittelt, genommen. Am Stand wird eine sogenannte Null-Linie ermittelt, von der in einem definierten Abstand rechts und links die Proben entnommen werden. Dort platzierten die Helfer zunächst Sammelrahmen aus Metall und füllten später den Sand aus diesen Sammelrahmen in kleine Aluboxen, die anschließend mit Packband verklebt wurden. Alle Boxen waren genau mit den Standorten den Probenentnahmen gekennzeichnet. Jeweils 20 dieser Boxen füllten die Helfer in Brake und Kleinensiel ab.

In Bremerhaven ist es dann die Aufgabe von Franco Pasolini, den Sand zunächst zu trocknen und dann eine Sichtkontrolle durchzuführen. Hier werden erst einmal alle Plastikteilchen, die größer als ein Millimeter sind, entnommen. Danach wird der verbliebene Sand mittels eines Spektrometers untersucht. Hier gilt es, die verschiedenen Polymere herauszufiltern. „Was in die Umwelt geworfen wird, spiegelt sich hier wieder“, sagt Dr. Bruno Walther.

Endergebnis soll im Frühjahr 2023 vorliegen

Die Untersuchungen der aktuellen Proben am AWI werden voraussichtlich zwei bis drei Tage dauern.

Wenn alle Standorte ausgewertet sind, sollen die Ergebnisse im Frühjahr 2023 im Internet veröffentlicht werden. Insgesamt fließen die Ergebnisse von rund 60 Standorten in das Endergebnis ein.

Franco Pasolini und Petra Leifert zeigen am Strand die gerade genommenen Sandproben.

© Kerstin Seeland

Franco Pasolini und Petra Leifert zeigen am Strand die gerade genommenen Sandproben.

Folgen kaum absehbar

Kleinere Plastikpartikel können wichtige marine Arten beeinträchtigen: Nehmen Muscheln, Wattwürmer und Krebse Mikroplastik auf, kann dies zu Entzündungs- und Stressreaktionen, reduzierter Nahrungsaufnahme sowie Hormonveränderungen führen. Als Basis der Nahrungskette können solche Arten wiederum als Beute ihre Räuber mit Plastikteilchen belasten. So reichern sich Giftstoffe in der Nahrungskette an; die Langzeitfolgen sind noch kaum absehbar.

Ihr Autor

Kerstin Seeland

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Erstellt:
14.11.2022, 16:39 Uhr
Lesedauer: ca. 2min 39sec

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