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Was geschah am späten Abend des 4. Februar in diesem Haus? Die Polizei will ermittelt haben, dass Ekaterina B. da getötet wurde.
Ekaterina B.s letzte Stunden
Sechs Stunden lang hat die Kriminalpolizei den mutmaßlichen Mörder von Ekaterina B. befragt. Die Videoaufzeichnung ist nun Gegenstand der Gerichtsverhandlung. Sie vermittelt ein seltsames Bild von den letzten Stunden im Leben seiner Frau.
Nach ihrer letzten Reise in die Heimat hatte Ekaterina B. noch ungefähr drei Wochen zu leben.
Den Bruder wolle sie besuchen in St. Petersburg zu seinem Geburtstag kurz vor Weihnachten und auch die kleine Tochter mitnehmen, hatte sie ihrem Ehemann gesagt, aber der erlaubte das nicht. Aus Angst, dass beide nicht zurückkehren werden nach Bremerhaven. So musste Ekaterina B. alleine fliegen. Als sie drei Wochen danach wieder in Wulsdorf vor der Tür stand, da habe er sie gefragt: „Habe ich noch eine Chance?“ Ja, habe sie ihm gesagt, aber auch, dass sie „viele Möglichkeiten habe“. Seine Frau sei hin- und hergerissen gewesen, ob sie sich trennen werde, die Scheidung wolle oder der Ehe eine Chance gebe. Bis zum Tag ihres Verschwindens habe sie ihm das noch gesagt.
Am 4. Februar, einem Freitag, hatte das Ehepaar B. wieder einmal einen Termin bei der Familienhelferin. Ein Gutachten war in Arbeit, das klären sollte, wer von beiden überhaupt fähig ist, das Kind zu erziehen. Der Mann habe nur seine Tochter im Kopf gehabt, sagte seine Anwältin zu den Polizisten. Er sei „überbehütend“ gewesen. Über Ekaterina B. sagte sie, ihr Verhalten sei „sprunghaft“. „Rätselhaft“. „Merkwürdig“.
Er habe seine Arbeitszeit im Hafen halbiert gehabt, um sich mehr ums Kind kümmern zu können, sagte er aus. Seine Frau sei damit überfordert gewesen. Schwimmen seien sie gegangen, in den Bürgerpark Enten füttern, Muscheln sammeln. Mal mit Ekaterina, mal ohne sie. Das damals fünf Jahre alte Kind war wegen Verlustängsten da bereits in Therapie bei einem Jugendpsychologen.
Thunfischsteak und Heilbutt als letzte Mahlzeit
Am Tag von Ekaterina B.s Verschwinden will der Vater nach dem Termin im Familienzentrum alleine die Tochter aus dem Kindergarten abgeholt haben. Er sei mit ihr erst in den Bürgerpark gefahren, um Enten zu füttern, dann in den Fischereihafen, Fisch kaufen. Ekaterina B. aß mit ihrem Mann und dem Kind zu Abend: Thunfischsteak und Heilbutt, Kartoffelpüree und Oliven. Sie hätten zusammen gekocht, das erste Mal seit der Rückkehr aus St. Petersburg. Es gab alkoholfreien Kinderpunsch und eine Flasche Roséwein dazu - für sie ein Glas, für ihn den Rest der Flasche, „obwohl ich sonst nicht trinke“. Der betrunkene Vater will dann sein Kind zu Bett gebracht haben wie jeden Abend. Er habe ein Märchen erzählt. Dabei müsse er „eingepennt“ sein. Es sei nicht später als 20 Uhr gewesen.
Die Polizei wird Wochen später rekonstruieren, dass Ekaterina B. ungefähr zu dieser Zeit getötet wird.
In der Befragung durch die Polizei sagt ihr Mann aus, nachts mit Herzrasen aufgewacht zu sein. Nach seiner Frau habe er nur kurz gerufen, dann seine Mutter angerufen. „Schlaf schön weiter, alles ist gut“, habe sie ihm gesagt. Er habe nur getrunken. Das habe er befolgt, und als er aufgewacht sei am nächsten Morgen, da sei seine Frau weg gewesen. „Ich sage jetzt wirklich die Wahrheit.“
Die Polizisten wunderten sich aber: Ein Mann wacht nachts mit Schmerzen auf, ruft nur kurz nach der Frau, bleibt im Bett liegen und telefoniert lieber mit der Mutter um Rat. Mitten in der Nacht. Ob er sie geweckt habe, sie noch wach gewesen sei? Er sagt nichts. „Wir haben nur kurz telefoniert, keine halbe Stunde.“ Und die Ehefrau? Vielleicht sei sie spazieren gewesen, sagte er. Mitten in der Nacht? Das habe sie ständig gemacht. Auch am nächsten Tag habe er sich deshalb keine Sorgen gemacht. „Ich habe mir abgewöhnt, jede Stunde nach meiner Frau zu gucken.“