Totschlag am Bahnhof: Nächtliche Razzia in Stade

Totschlag am Bahnhof: Nächtliche Razzia in Stade

Um 4.30 Uhr sprengte das SEK die Tür eines Hauses in der Altländer Straße in Stade. Das Ziel: die Männer festzunehmen, die im Januar einen 44 Jahre alten Hamburger am Bahnhof so schwer verletzt hatten, dass dieser im Krankenhaus starb.

Totschlag am Bahnhof

In der Nacht schlägt die Polizei zu - Razzia in Stade

Zeitgleich stürmten die Kräfte des Spezialeinsatzkommandos Niedersachsen (SEK) und die Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit plus (BFE+) der Bundespolizei sieben Objekte in Stade und in Mölln (Schleswig-Holstein). Die Detonation war selbst bei der Polizeiinspektion Stade in der Teichstraße zu hören, die Reste der zerfetzten Tür flogen meterweit durch den Hinterhof des Gebäudes in der Altländer Straße.

Gebäudekomplex nicht das erste Mal das Ziel einer groß angelegten Polizeiaktion

Der Komplex aus Wohn- und Gewerbegebäuden östlich des Rewe-Marktes war nicht das erste Mal das Ziel einer groß angelegten Polizeiaktion. An dieser waren – neben den beiden Spezialeinheiten – unter anderem die Mitglieder der Mordkommission der Polizeiinspektion Stade und Bereitschaftspolizisten beteiligt. Die Durchsuchungen dauerten mehrere Stunden, das Aufgebot blieb von neugierigen Blicken in Stade nicht verborgen. Bereits am frühen Morgen wurden die Tatverdächtigen dem Haftrichter vorgeführt.

In Stade lagen die Schwerpunkte der Aktion in der Altländer Straße und in der Bergstraße.

Vorwurf: Drogenhandel, Geldwäsche, Schwarzarbeit und illegales Glücksspiel

Bereits im Mai 2023 hatte die Polizei die Gebäude in der Altländer Straße gestürmt. Vorwurf: Drogenhandel, Geldwäsche, Schwarzarbeit und illegales Glücksspiel. Zwei Einfamilienhäuser und eine Gewerbeimmobilie in der Altländer Straße wurden seinerzeit beschlagnahmt. Bargeld, Luxusuhren, Gold sowie Drogen, Glücksspielautomaten und Gebäude im Wert von 900.000 Euro wurden beschlagnahmt. Der stadtbekannte Stader Clan hatte seinerzeit versucht, eine Richterin einzuschüchtern. Im Dezember verurteilte die 2. Große Strafkammer am Landgericht Stade einen 34 Jahre alten Mann wegen gewerbsmäßigen illegalen Glücksspiels in 203 Fällen, vorsätzlicher Geldwäsche und unerlaubten Waffenbesitzes zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zweieinhalb Jahren. Seine Partnerin muss wegen Beihilfe 360 Euro Strafe zahlen. Die Immobilien waren nicht eingezogen worden. Allerdings war von einer „Clan-Zugehörigkeit“ des Mannes die Rede.

Blick auf die vom Spezialeinsatzkommando (SEK) gesprengte Tür eines Gebäudes an der Altländer Straße in Stade.

© Vasel

Blick auf die vom Spezialeinsatzkommando (SEK) gesprengte Tür eines Gebäudes an der Altländer Straße in Stade.

Polizei stellte bei früheren Einsätzen auch Schusswaffen sicher

Da in der Vergangenheit auch Schusswaffen sichergestellt worden waren, ging die Polizei mit höchster Vorsicht vor. Hintergrund: Das Vermögen von Kriminellen kann der Staat abschöpfen. Doch im jüngsten Fall ging es offenbar in erster Linie nicht um Drogengeschäfte und Clan-Kriminalität, sondern um „ein brutales Gewaltverbrechen“, so Polizeisprecher Rainer Bohmbach. Fünf Männer zwischen 23 und 35 Jahren wurden vorläufig festgenommen.

Fahndung nach sechstem Tatverdächtigen

Die Ermittler der Polizei und die Staatsanwaltschaft Stade werfen ihnen Totschlag vor. Sie werden nach ersten Vernehmungen in eine Justizvollzugsanstalt überführt. Ein sechster Tatverdächtiger hatte sich offenbar unmittelbar nach der Tat abgesetzt. „Nach ihm wird weiter mit Hochdruck gefahndet“, sagt Bohmbach.

Der Vorwurf: Eine Gruppe soll einen Mann am Sonntag, 21. Januar, am Parkhaus vor dem Stader Bahnhof „mit Tritten und Schlägen“ so schwer verletzt haben, dass der 44 Jahre alte Hamburger wenig später im Elbe Klinikum Stade seinen lebensgefährlichen Verletzungen erlag. Es ging offenbar um verletzte Ehre, so die Polizei.

Fünf Haftbefehle nach Razzia im Altländer Viertel

Der Hamburger – im Zusammenhang mit Drogendelikten und Körperverletzung ebenfalls polizeibekannt – war im November 2023 in Horneburg in eine blutige Auseinandersetzung mit einem Mitglied des Stader Clans verwickelt gewesen. Damals kam es zu einer gefährlichen Körperverletzung mit einem Messer. „Das jetzige Opfer hatte ein Familienmitglied aus der Tätergruppierung schwer verletzt“, erklärt Bohmbach. War es Rache? Damals sei der Mann als „Täter“ in den Akten geführt worden, sagt der Polizeisprecher.

Auch Polizeitaucher im Einsatz

Wie sie auf die Männer gekommen sind, wollte die Polizei aus ermittlungstaktischen Gründen nicht sagen. Es soll sich um türkische Staatsbürger oder Menschen mit türkischer Abstammung handeln. Im Zuge der Ermittlungen hatten Polizeitaucher bereits zuvor den Burggraben unterhalb der Hansebrücke sowie Gleisanlagen rund um den Bahnhof durchsucht. Die von der Staatsanwaltschaft Stade beantragten und durch das Amtsgericht erlassenen Haftbefehle konnten infolge der Durchsuchungen bei fünf der sechs Tatverdächtigen vollstreckt werden.

Polizeisprecher: Mordkommission wertet Beweismittel und Spuren aus

Polizeisprecher Bohmbach: „Bei den Wohnungsdurchsuchungen konnten diverse Beweismittel sichergestellt und Spuren gesichert werden, die jetzt durch die Mordkommission ausgewertet werden.“ Einige der Tatverdächtigen sollen Kickboxer sein. Das ist eine Kampfsportart, bei der das Schlagen mit Füßen und Händen mit dem konventionellen Boxen verbunden wird.

Die Ermittlungen dauern weiter an. Am Nachmittag versammelten sich Mitglieder des Clans in der Nähe des Gerichts, aber auch an/in den durchsuchten Objekten. (axt)

Um 4.30 Uhr sprengte das SEK die Tür eines Hauses in der Altländer Straße in Stade. Das Ziel: die Männer festzunehmen, die im Januar einen 44 Jahre alten Hamburger am Bahnhof so schwer verletzt hatten, dass dieser im Krankenhaus starb.

Ihr Autor

von Björn Vasel

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Erstellt:
05.03.2024, 14:51 Uhr
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