Hausbauer und Handwerksmeister vor einem unfertigen Haus.

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Sie stehen nach der Insolvenz der Baufirma Massivbau Cuxland und Bremerhaven GmbH & Co. KG im Regen: Hausbauer Denis Soukup (links) und Handwerksmeister Tola Schäfer.

Baufirma macht pleite: Bauherr geht durch Hausbau-Hölle

Haus nur halb fertig: Nach der Insolvenz der Firma Massivbau steht mancher Häuslebauer im Regen: Denis Soukup, einer der Betroffenen, erzählt.

Vom Traumhaus zum Alptraum

Haus nur halb fertig: Nach der Insolvenz der Firma Massivbau steht mancher Häuslebauer im Regen

Für viele junge Familien, ist es der größte Traum ihres Lebens: ein eigenes Haus bauen. Doch dieser Traum kann auch zum Alptraum geraten - wenn man an die falsche Baufirma gerät. Wir schildern ein Beispiel aus Geestenseth.

Denis Soukup steht vor dem Rohbau seines Hauses in Geestenseth und kann es nicht fassen: „Ich weiß nicht, wie es weitergehen soll“, klagt der Vater von drei Kindern. Der Grund: Die Firma Massivbau Cuxland und Bremerhaven GmbH und Co. KG, in deren Händen der Bau liegt, ist insolvent. Und Soukups Eigenheim besteht bislang aus nicht viel mehr als nackten Wänden. Obwohl es lange fertig sein sollte. Doch die Arbeiten liegen seit Monaten still.

Es klang so gut: Ein Eigenheim im Rundum-Sorglos-Paket

Dabei klang anfangs alles märchenhaft einfach. Eigenheime zum fixen Preis, energiesparend und bezahlbar für Normalverdiener, bietet Town & Country, laut ProSieben-Wissensmagazin „Galileo“ die erfolgreichste Hausbau-Firma Deutschlands, an. Das Thüringer Unternehmen, 1997 von Jürgen Dawo aus der Taufe gehoben, verkauft schlüsselfertige Musterhäuser, der Kunde kann aus 40 Modellen wählen, die Firma stellt das komplette Haus fertig.

Ein Eigenheim als Rundum-Sorglos-Paket. Von einem bundesweiten Bauunternehmen, das mit einem Hausbau-Schutzbrief wirbt. „Da muss man sich keine Sorgen machen, haben wir gedacht. Wenn ein so großes Unternehmen dahinter steht, dann kann nichts schieflaufen“, sagt Denis Soukup.

Hier soll einmal die Spüle stehen.

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Hier soll die Spüle stehen - wenn das Eigenheim denn irgendwann fertig wird: Hausherr Denis Soukup vor den nackten Wänden seines Rohbaus.

Dass der Bremerhavener seinen Bauvertrag nicht mit Town & Country abschloss, sondern mit einem eigenständigen Subunternehmen, merkte er erst später. Die Massivbau Cuxland und Bremerhaven GmbH & Co. KG, eine Firma mit zehn Mitarbeitern, die den Großteil der Aufträge für ihre Häuser vergeben muss, ist ein Lizenznehmer von Town & Country.

Town & Country ist ein Franchise-Unternehmen

TC, wie es sich kurz nennt, ist ein Franchise-Unternehmen, das seine Häuser in der ganzen Republik durch selbstständige Anbieter, die zuvor in Schulungen ausgebildet werden, verkaufen lässt. „Das wussten wir nicht, als wir unterschrieben haben“, sagt der Häuslebauer. Das Büro der Firma im schicken Bremerhavener Timeport habe wie „eine einzige TC-Wunderwelt“ ausgesehen. „Überall prangte das rote Town-&-Country-Logo. Wir gingen davon aus, dass das eine Niederlassung ist.“

Als dann im Juli 2021 die Bagger am Bauplatz in Geestenseth anrollten, war Soukup voller Hoffnung. In sieben Monaten, dachten seine Frau Susanne und er, könnten sie einziehen. Auf jeden Fall pünktlich zu ihrem 40. Geburtstag, den die beiden gemeinsam im Juni groß in ihrem Geestensether Eigenheim mit Garten feiern wollten.

Nach dem Bau des Erdgeschosses begannen die Probleme

Doch nachdem die Bodenplatte gegossen war und das Erdgeschoss gemauert, begannen die Probleme. „Da hieß es, wir müssen erst mal die Zwischendecke bestellen. Das sollte vier Wochen dauern, dauerte aber fast drei Monate.“ Bis Weihnachten wurde dann noch das Obergeschoss gemauert, und das Dach kam rauf. „Doch danach passierte wochenlang gar nichts.“

Mitte Februar schrieb der frustrierte Bauherr seinen ersten bösen Brief. Er forderte die Firma Massivbau auf, die Arbeit binnen einer Woche wieder aufzunehmen und das Haus bis Mitte Mai fertigzustellen.

Die Reaktion: keine. Erst zwei Wochen später habe sich ein Mitarbeiter gemeldet, sagt Soukup. Zwischenzeitlich hatte sich der Häuslebauer hilfesuchend an Town & Country gewandt. Dort habe man ihm gesagt, dass TC nicht zuständig sei und er sich an seinen Vertragspartner, die Massivbau, wenden müsse, sagt Soukup.

Tola Schäfer

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Irgendwann ging es dann doch weiter auf der Baustelle in Geestenseth. Aber zögerlich, sagt der Bremerhavener. Im Verlauf des Frühjahrs wurden die Wände im Obergeschoss gezogen, die Fassade wurde gedämmt, einige Wochen später von außen verputzt. Auch der Elektriker habe noch Leitungen verlegt. „Dann war’s vorbei“, klagt der Bauherr. „Seit dem 1. Juni ist nichts mehr passiert.“ Die Heizung, die kommen sollte, kam nicht mehr.

Projektleiter argumentiert: Ich musste von zuhause aus arbeiten

Den ganzen Sommer über hat Denis Soukup versucht, einen der Verantwortlichen bei Massivbau zu erreichen. „Ich hatte das Gefühl, die hatten meine Nummer blockiert“, sagt Soukup. Heute weiß er, warum. Massivbau hat im September Insolvenz angemeldet. Bastian Zimmermann, Projektleiter bei Massivbau und Ehemann der Geschäftsführerin, weist den Vorwurf zurück.

Er habe im Juli alle Bauherren per E-Mail informiert, „dass wir an einer Lösung für die Situation der Firma arbeiten“, versichert er. Und in eine solche Lösung habe er während dieser Zeit auch seine ganze Energie gesteckt.

Zustande kam sie nicht. Die Firma ist pleite. Dass Massivhaus in eine finanzielle Schieflage geraten sei, habe daran gelegen, dass er wegen der schweren Erkrankung seines kleinen Sohnes seit einem Jahr im Homeoffice arbeiten musste, sagt Zimmermann. „Darunter hat die Kommunikation bei uns massiv gelitten, viele Dinge sind nicht so gelaufen, wie sie laufen sollten“, gibt er zu. Er habe einen zweiten Bauleiter eingestellt, den er nicht genügend anlernen konnte, Krankheitsfälle und Personalprobleme hätten die Situation in der Firma im Sommer zunehmend verschärft.

Town & Country Haus ist laut eigener Webseite die führende Massivhausmarke Deutschlands. Die Firma, die danach mehrfach mit Preisen ausgezeichnet wurde, hat 2017 zusammen mit ihren 300 Franchise-Partnern 4.466 Häuser im Wert von 844 Millionen Euro verkauft. Damit ist Town & Country Haus Deutschlands meistverkauftes Markenhaus, heißt es dort.

Für die Verzögerungen beim Bau seien Lieferengpässe, Quarantänen und Ausfälle durch Krankheiten bei Subunternehmern verantwortlich. „Das war während der Corona-Pandemie in der Branche gang und gäbe“, sagt der Projektleiter. Material sei knapp gewesen, es gab Lieferschwierigkeiten.

„Wenn das Haus tatsächlich nicht rechtzeitig fertig geworden sein sollte – was natürlich erst mal ermittelt werden muss“ - bekomme der Kunden einen finanziellen Ausgleich, versichert Zimmermann. Obwohl seine Firma insolvent sei. Dank des Hausbau-Schutzbriefes von Town & Country.

5 Prozent des Hauspreises stünden den Häuslebauern in solchen Fällen zum Ausgleich des wirtschaftlichen Schadens zu. Und weitere 15 Prozent zahle die Versicherung für den Weiterbau des Hauses. Für den Massivbau-Mann ist klar: „Sicher ist Herr Soukup ein Opfer. Aber er kann sein Haus fertigstellen.“ Idealerweise sollte er das bei dem neuen Town-&-Country-Partner in der Region tun, rät der insolvente Geschäftsmann noch. Dann seien auch die Garantieleistungen der Massivbau mit abgedeckt.

Fröhliche Familie auf sattem Grün.

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Home Sweet Home: Für viele Deutsche, vor allem junge Familien, ist der Traum vom Glück untrennbar mit einem Eigenheim verbunden.

Soukup winkt sofort ab. „Mit Town & Country will ich nichts mehr zu tun haben“, sagt er. Er habe im Moment auch so genug Probleme am Hals. Der Häuslebauer muss sich jetzt mit Versicherungen und Gutachtern herumschlagen. Sein Kredit fürs Eigenheim ist wegen einer Finanzierungsbestätigung bislang an die insolvente Baufirma gebunden. Geld für neue Handwerksaufträge ist also nicht da.

Für den Bauherren geht es um die Existenz

Im Gegenteil, der dreifache Familienvater zahlt derzeit doppelt, jeden Monat die Miete für die Wohnung, die er weiter braucht, weil das Haus nicht fertig ist, und die Zinsen für den Bankkredit, die trotzdem schon fällig werden. „Für uns“, sagt der Bremerhavener, „geht es um die Existenz.“

Town & Country

Das Schlimme ist, dass wir uns von dem Namen Town & Country haben blenden lassen.
Tola Schäfer,Geschäftsführer der Heizungsfirma Martel

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Erstellt:
17.10.2022, 10:39 Uhr
Lesedauer: ca. 4min 29sec

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