Dietrich Fricke und sein Hund Ivo.

© Schoener

Dietrich Fricke muss seinen Hund Ivo nicht lange auf die Stelle in dem kleinen Waldstück bei Stubben hinweisen, wo der tote Wolf lag. Der Hund senkt am Fundort immer wieder die Nase.

Drei Schüsse aus zwei Waffen? So brutal wurde der Wolf getötet

Erneut ist ein Wolf im Kreis Cuxhaven tot aufgefunden worden. Diesmal in Stubben. Erschossen mit drei Kugeln verschiedenen Kalibers. Die Polizei ermittelt.

Wolf bei Stubben erschossen

Spaziergänger findet totes Tier im Wald - Wolfsberater und Pächter entsetzt

Die Info kam von einem Spaziergänger: Jagdpächter Dietrich Fricke erfuhr am Sonntagabend von dem toten Wolf in seinem Revier, einem Wald bei Stubben. Nun gab die Polizei bekannt, wie brutal das Tier getötet wurde und was dem Täter droht.

Vertreter des Naturschutzamtes beim Landkreis Cuxhaven, die Wolfsberater Silas Neumann und Michael Ohlhoff sowie Beamte der Polizei waren am Montagmorgen am Fundort, gemeinsam mit Jagdpächter Dietrich Fricke. Sie alle bestätigen, dass der Wolf - ein erwachsenes männliches Tier - illegal geschossen worden ist. Dass die mindestens drei Patronen - so die Einschätzung vor Ort - nicht aus ein und derselben Waffe stammen, wurde beim Blick auf die Schussspuren schnell deutlich.

Ob aufgrund dessen davon ausgegangen werden kann, dass es sich um mehrere Täter gehandelt haben könnte, wollte die Polizei nicht bestätigen. „Das ist derzeit Teil der Ermittlungen“, erklärt Stephan Hertz, Sprecher der Polizeiinspektion Cuxhaven, auf Anfrage.

Tierkörper wird in Berlin ausführlich untersucht

Zunächst wurde am Montag eine Strafanzeige wegen des Verstoßes gegen das Bundesnaturschutzgesetz gestellt, teilte der Landkreis mit. Der Kadaver des Wolfs wurde gesichert und wird bis zu seinem Weitertransport nach Berlin zum Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung tiefgekühlt zwischengelagert, erklärte der Kreis. In Berlin soll der Tierkörper dann ausführlich untersucht werden. Möglicherweise befindet sich in dem Wolf noch eine Patronenhülse, die dann wiederum mehr über die Waffe und deren Besitzer aussagen könnte. Wie dem auch sei: Verstöße dieser Art werden laut Stephan Hertz mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder einer Geldstrafe geahndet.

Ein toter Wolf am Wegesrand

© Privat

So sieht er aus, der Wolf, der am Sonntagabend in einem Waldstück bei Stubben tot aufgefunden wurde. Das Tier ist erschossen worden.

Jagdpächter Fricke belastet den Vorfall. „Das ist eine Katastrophe“, sagt er, als er mit seinem Hund Ivo den abgelegenen Waldweg im Stubbener Ortsteil Elfershude am Dienstag erneut aufsucht.

„Ivo riecht heute noch, dass genau an dieser Stelle der Wolf lag“, sagt der 71-jährige Mann aus Bokel, als sein Hund immer wieder die Nase senkt. Fricke ist sich sicher: „Derjenige, der das gemacht hat, wollte, dass man den Wolf findet.“

Die Ablagestelle, die seiner Meinung nach nicht die Stelle der Tötung gewesen sei, erscheine ihm besonders auffällig. Zudem glaubt Fricke, dass der oder die Täter ortskundig gewesen sein müssen. „Man kann gleich über den Weg hier wieder raus“, verrät der Bokeler mit ausladender Handbewegung.

Fricke beschäftigt vor allem die Frage, wie und warum es zu dem Vorfall kam. Laut Fricke gebe es nur zwei Möglichkeiten. „Viele Betroffene leiden hier unter den Wölfen. In der Diskussion mit der Politik wurde sich häufig darüber beschwert, dass es keine Regulierungen gibt. Mit der Tat wollten sie vielleicht ein Zeichen setzen“, meint Fricke.

Die zweite Möglichkeit: „Jemand möchte mich als Jagdpächter in Schwierigkeiten bringen“, sagt er. Allerdings könne Fricke sich nicht vorstellen, wer das sein sollte.

So oder so - für den Jagdpächter steht fest: „Wer auch immer das gemacht hat, bringt die Jäger in Verruf, was sie nicht verdient haben.“ Der Jagdpächter sieht in den Wölfen im Cuxland - geschätzt sind es rund 30 Tiere - „ein großes Problem“.

Fundort toter Wolf

Karte: maps4news.com/©OSM

Wolf ist das ganze Jahr über streng geschützt

Wolfsberater Silas Neumann verurteilt den illegalen Abschuss. Der Wolf sei zwar ins niedersächsische Jagdrecht aufgenommen worden, doch er genieße in Deutschland nach wie vor ganzjährigen Schutz, was durch das Bundesnaturschutzgesetz abgedeckt ist.

Dennoch zeige der jüngste Vorfall - vor rund sechs Jahren wurde schon einmal ein Wolf bei Köhlen an der Grenze zum Nachbarkreis Rotenburg erschossen aufgefunden - dass die Diskussion um den Wolf nach wie vor „ein gesellschaftlich aufreibendes Problem ist“, so Neumann.

Ein Abschuss müsse genehmigt werden. Eine solche Ausnahmegenehmigung wird beispielsweise nur dann erteilt, wenn einzelne Wölfe immer wieder hohe Zäune überwinden und Schafe oder andere Weidetiere reißen.

Ausnahmegenehmigung wurde einkassiert

Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies (SPD) war nach mehreren Wolfsrissen im Cuxland - unter anderem auf eine Schafsherde von Deichschäfer René Krüger - Ende 2021 zu Besuch in Loxstedt, um mit Betroffenen zu reden. Damals sagte Lies, dass eine Ausnahmegenehmigung erteilt werden solle für den Abschuss jeweils eines Tieres aus dem Schiffdorfer und Garlstedter Rudel.

Eine solche Ausnahmegenehmigung wurde im März vom Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) aufgehoben. Damit reagierte der NLWKN auf das Urteil des Verwaltungsgerichts Oldenburg. Dieses hatte den Eilanträgen der „Gesellschaft zum Schutz der Wölfe“ und des „Freundeskreises freilebender Wölfe“ stattgegeben.

Das Gericht hatte die Genehmigung als nicht rechtens eingestuft, weil der NLWKN unter anderem keinen individuellen schadensverursachenden Wolf bestimmt hatte. Eine Anfrage ans Umweltministerium, ob es in 2022 einen neuen Antrag auf eine Ausnahmegenehmigung zum Abschuss eines Wolfes im Cuxland geben soll, blieb bis Redaktionsschluss unbeantwortet.

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Erstellt:
20.10.2022, 11:30 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 18sec

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