Joshua Kimmich fügt sich klaglos und blüht auf

Joshua Kimmich fügt sich klaglos und blüht auf

Joshua Kimmich war bei allen Pleiten der Nationalmannschaft in den vergangenen Jahren beteiligt. Auch in der Corona-Zeit zog der Bayern-Profi Kritik auf sich. Nach der Versetzung auf die Position des Rechtsverteidigers geht es wieder bergauf.

Kimmich fügt sich und blüht auf

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Im August 2020 war Joshua Kimmich auf dem Zenit seiner Laufbahn angekommen. Mit 25 Jahren Leistungsträger und Führungsspieler beim Triple-Sieger Bayern München – mehr geht nicht. Zwar erlitt er danach auf dem Rasen keinen Totaleinbruch, doch sein Stellenwert sank seither. Die EM zeigt nun: Es geht wieder in die richtige Richtung. Der Allrounder wird dem eigenen hohen Anspruch nicht nur sportlich wieder gerecht.

Die Debatte um seinen Impfstatus hat ihm zugesetzt

Passend zum Turnier läuft am Wochenende im ZDF ein Porträt über Kimmich. Wer sie sieht, erkennt sofort, wie sehr ihm die Debatte über seinen Impfstatus im Winter 2021/22 zugesetzt hat. Ein gestandener Fußballprofi kämpft mit den Tränen, wenn er aus dieser Zeit berichtet.

Damals war sich die Wissenschaft einig, dass die Injektion nicht nur vor schweren Verläufen, sondern auch einer Ansteckung schützen kann. Kimmich verweigerte sich dennoch und war schnell der Sündenbock der Nation. „Ein Kumpel sagte mir, dass weniger Menschen gestorben wären, wenn ich mich hätte impfen lassen. Das ist brutal“, erzählt er. Auch im Verhältnis mit seinem Arbeitgeber ging etwas kaputt, weil ihm dort die Unterstützung fehlte.

Schlechte Jahre des Nationalteams – und Kimmich mittendrin

Mehrmals musste er zudem in Quarantäne. Als er positiv war, dauerte die Genesung länger. Vielleicht wäre die Corona-Phase nur eine Episode in der Laufbahn des vierfachen Familienvaters. Aber sie fiel zusammen mit verminderter Konstanz in seinen Leistungen. Kimmich wollte mit Macht Leader und Anführer sein, verrannte sich auf der Suche nach der Chefrolle teils, agierte nicht mehr so dominant wie zuvor. Seine Generation, gerade der Jahrgang 1995, galt zudem sowohl bei den Bayern als auch in der DFB-Elf als die, die ihr Potenzial nie ausschöpfte. Schlechte Jahre des Nationalteams, Krisen und Trainerwechsel in München – und Kimmich mittendrin.

Auf der Doppelsechs klappte es selten mit dem Bayern-Profi

Zudem stellte die Amazon-Doku von der WM in Katar 2023 den Mittelfeldmann als streitlustig dar. Aber anders als etwa die Altersgenossen Serge Gnabry und Leon Goretzka stand der 29-Jährige im Nationalteam nie auf der Kippe. Nur seine Position. Doppel-Sechs mit Gündogan oder mit Toni Kroos – das klappte selten.

Rechts hinten internationale Klasse abgeliefert

Also kam der neue Bundestrainer im Herbst auf die Idee, Kimmich wieder auf seine alte Position hinten rechts zu schieben, wo er in jüngeren Jahren internationale Klasse ablieferte. Weil Vereinstrainer Thomas Tuchel mitzog und den Antreiber auch in die Viererkette stellte, schlug Julian Nagelsmann zwei Fliegen mit einer Klappe. Im Zentrum schuf er Platz für Toni Kroos, zugleich schloss er eine Außenverteidiger-Problemstelle.

Gegen die Versetzung hat er sich nicht gesträubt

Wer nun erwartet hatte, dass sich Kimmich, der nicht verhehlt, dass seine Lieblingsposition im Zentrum ist, gegen die Versetzung sträubt, weil er Einfluss verliert, sah sich getäuscht. „Ich sehe das überhaupt nicht als Degradierung“, sagte er. „Die Debatte darüber sah für mich eher so aus, als solle künstlich Unruhe erzeugt werden.“ Die erste Reihe überlässt er jetzt öffentlich Kroos, Gündogan, natürlich auch Manuel Neuer oder Antonio Rüdiger. Doch auf dem Rasen hat er nichts an Emotionalität eingebüßt.

Gegen Ungarn von Minute zu Minute gesteigert

Das Spiel gegen Ungarn war fast bezeichnend. Kimmich startete mit einem missglückten Rückpass, war dann der erste, der den zuvor kritisierten Neuer nach seinen Paraden feierte, steigerte sich mit jeder Minute und hatte am Ende noch seine Rettungstat auf der Linie.

Nagelsmann hob danach auch die defensiven Fähigkeiten hervor und erinnerte daran, dass sein Rechtsverteidiger auch Frankreichs Superstar Kylian Mbappé ausgeschaltet hatte. Übrigens: Eine ähnliche Umstellung – sogar im Turnier – gilt vielen heute als Schlüssel für den WM-Titel 2014. Damals rückte Philipp Lahm nach der Gruppenphase aus der Mitte wieder auf seine Stammposition, was für die Statik elementar war. Begeistert war der damalige Kapitän davon wohl nicht. Aber auch er hielt die Füße still.

Ihr Autor

Thomas Rellmann

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Erstellt:
21.06.2024, 18:42 Uhr
Lesedauer: ca. 3min 02sec

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