Titel, der Rest ist wurscht
„Wir sind jetzt ganz knapp dran“, sagte Dani Olmo von RB Leipzig, der bereits in der 25. Minute das entscheidende Sieg-Tor erzielt hatte. Der 0:1-Rückstand in der 9. Minute durch den Kopfball des Ex-Frankfurters Randal Kolo Muani brachte keinen mentalen Knacks.
„Wir haben kühlen Kopf bewahrt und unser Spiel weitergespielt“, erläuterte Olmo. „Lamine hat dann ein spektakuläres Tor geschossen.“ Das war die zweite große Geschichte des Halbfinal-Abends von München. Der Jüngste hat Spanien wieder auf Kurs gebracht.
„Wir hatten nicht erwartet, so früh ein Tor zu kassieren“, sagte der 16-jährige Rechtsaußen des FC Barcelona. „Dann habe ich nicht wirklich groß nachgedacht, sondern einfach geschossen.“ Es wurde ein traumhafter Schlenzer, der über den Innenposten zum 1:1 im französischen Tor landete.
Youngster redet abgezockt wie ein Veteran
Nie zuvor gab es bei einer EM einen Spieler, der als Torschütze auch nur annähernd so jung war wie Lamine Yamal. Am Tag vor dem Endspiel feiert er seinen 17. Geburtstag. Aber der Youngster redete nach dem Schlusspfiff daher wie ein abgezockter Nationalmannschafts-Veteran: „Ich versuche, einfach nur der Mannschaft zu helfen.“
Als Geschenk zum 17. wünscht er sich das Naheliegendste: den EM-Titel. „Siegen, siegen, siegen, das ist alles, woran wir denken.“ An seine Mama hat der brave Bub aber auch ein bisschen gedacht. „Meine Mutter hat immer gesagt, dass es auch ihr Traum ist, dass ich bei der EM ein Tor mache“, sagte Lamine Yamal, der zum „Man of the Match“ gekürt wurde.
Nationaltrainer Luis de la Fuente freute sich über den „Geniestreich“ des Wunderbubis, hatte aber auch die Worte eines 63-Jährigen parat, der als Coach vieler spanischer Nachwuchs-Nationalmannschaften etliche Shootingstars erlebt hat. „Ich möchte ihm einen Rat mit auf den Weg geben: Ich möchte, dass er weiter demütig und mit beiden Füßen auf dem Boden bleibt.“
Deutsche Fans pfeifen Cucurella aus
Bleibt als weitere kleine Geschichte noch das Pfeifkonzert gegen Spaniens Marc Cucurella. Oder war das ein großer Skandal fürs Gastgeberland? Der Linksverteidiger hatte beim Viertelfinalsieg gegen Deutschland mit dem abgespreizten Arm einen Schuss von Jamal Musiala geblockt, es gab aber keinen Handelfmeter. In München wurde Cucurella dann von den vielen deutschen Fans in der Arena so anhaltend wie gellend ausgepfiffen.
Nationaltrainer macht kein großes Ding daraus
Nationaltrainer Luis de la Fuente wollte kein großes Thema daraus machen, machte die pfeifenden Zuschauer zu einem Randthema. „Was sie gemacht haben, ist, ihn noch mehr zu motivieren. Er ist ein Profi und weiß mit Druck umzugehen.“ Marc Cucurella gewöhnte sich schnell an die Begleit-Akustik, wenn er den Ball bekam. „Ich bin nicht schuld an irgendwas“, sagte er völlig zu Recht. Die Pfiffe hatte ja Viertelfinal-Schiedsrichter Anthony Taylor verdient. „Ich weiß nicht, was sie damit bezwecken wollten, aber so ist es nun mal. Das Wichtigste ist, dass wir im Finale stehen - und das war‘s.“
Der eine Schritt, der zum EM-Titel noch gemacht werden muss, ist für die Spanier das große Thema. Geschichte schreiben, darum geht es. Da darf man sich nicht in irgendwelchen Geschichtchen verlieren.